kletterblatt 2010
        
        
          
            48
          
        
        
          SKT-kurs
        
        
          Report
        
        
          die entsprechend genormt und zer-
        
        
          tifiziert sein muss. Dazu gehören:
        
        
          Helm, Gurt, Baumkletterseil,
        
        
          Klemmknotenschlinge oder Lock-
        
        
          jack, Karabiner, Kambiumschoner
        
        
          undKurzsicherung.
        
        
          Seit dem 1. Kurstag wissen wir,
        
        
          welche PSA wir benötigen, um si-
        
        
          cher auf einen Baum zu klettern
        
        
          und dort zu arbeiten. Nun lernen
        
        
          wir unter Aufsicht und Beobach-
        
        
          tung von zwei Ausbildern, in die
        
        
          Krone aufzusteigen und uns dort
        
        
          zu bewegen. Da die Seile ein wich-
        
        
          tiger Ausrüstungsgegenstand
        
        
          sind, werden immer wieder – also
        
        
          auch bevor einKurstagmit Klette-
        
        
          rübungen beginnt – Knoten geübt:
        
        
          Prusik, Mastwurf, Überhandkno-
        
        
          ten, Achtknoten, Spierenstich-
        
        
          schlinge und mehr. Dazu noch die
        
        
          Belastung und Reißfestigkeit.
        
        
          Aber seitWillies witziger und fun-
        
        
          dierter Knotenkunde sind Knoten
        
        
          für uns das Selbstverständlichste
        
        
          auf der Welt. Na ja, meistens.
        
        
          Manchmal klemmt es noch mit
        
        
          den Knoten. Und wenn Michael
        
        
          mal wieder über eine besondere
        
        
          Windung f lucht, dann ist dies
        
        
          keine hoffnungslose Verzweif-
        
        
          lung, sondern lediglich ein „Das
        
        
          wusste ich doch schon“.
        
        
          
            Am Anfang steht die Wurftechnik
          
        
        
          Wie kommt man denn nun end-
        
        
          lich hoch in denBaum? Zumersten
        
        
          Mal bauenwir jetzt unsere eigenen
        
        
          Kletterseile im Baum ein. Dazu
        
        
          muss zunächst eine Wurfschnur
        
        
          mit einemWurfsackaneinemEnde
        
        
          über eineAnkerpunktgabel, also an
        
        
          einer gut tragenden Astgabel, mit
        
        
          geschickterWurftechnik platziert
        
        
          werden. Das sorgt natürlich fürGe-
        
        
          lächter, wenn Bernd auch beim 10.
        
        
          Versuchnur einen dürrenAst trifft
        
        
          und meint, der müsse für sein Ge-
        
        
          wicht ausreichend sein. Schließlich
        
        
          seien 80 kg nicht wirklich schwer.
        
        
          Wenn die Ankerpunktgabel ge-
        
        
          funden ist, kann ein Schutz für die
        
        
          Rinde des Baumes, der sogenannte
        
        
          Kambiumschoner, eingebaut wer-
        
        
          den, oder sofort das Aufstiegsseil.
        
        
          Mit unterschiedlicherKlettertech-
        
        
          nik lernen wir den Aufstieg in die
        
        
          Krone: mit Körperschub, mit Fuß-
        
        
          klemmtechnik, indem man sich
        
        
          eine Seilschlinge um den Fuß legt,
        
        
          bis zu technisch raffiniertenGerä-
        
        
          ten wie Lockjack oder ID, mit
        
        
          denen man sich auch leicht wieder
        
        
          aus demBaumherablassen kann.
        
        
          
            Der Traum von der Motorsäge
          
        
        
          DasGeräusch einerMotorsäge ist
        
        
          vielenMännernwunderbareMusik
        
        
          in den Ohren. Aber nach einem
        
        
          SKT-A-Kurs dürfen Schnittmaß-
        
        
          nahmen „nur“ mit der Handsäge
        
        
          durchgeführtwerden. DieAuswahl
        
        
          der unterschiedlichen Handsägen
        
        
          tröstet dann ein wenig darüber,
        
        
          dass die Motorsäge erst nach dem
        
        
          SKT-B-Kurs in der Krone verwen-
        
        
          det werden darf. Dass auch eine
        
        
          Handsäge in Sekundenbruchteilen
        
        
          ein Seil durchtrennen kann, wird
        
        
          an der folgenden Übung deutlich.
        
        
          Diese Übung geht durch Mark und
        
        
          Bein: jeder von uns „darf“ einmal
        
        
          knappüber demBodenamSeil hän-
        
        
          gen. Dann, zack, eine unkontrol-
        
        
          lierte Handbewegung eines Team-
        
        
          kollegen, die Säge kappt inZehntel-
        
        
          sekunden das Seil und der im Seil
        
        
          hängende Kollege stürzt nach
        
        
          unten – bei uns nur wenige Zenti-
        
        
          meter bis zumBoden. Alledürfenes
        
        
          einmal spüren, diesesGefühl, wenn
        
        
          das Seil gekappt wird. „Au Backe,
        
        
          wenn das oben passiert wäre!“ So
        
        
          lernt und spürt jeder, warum auch
        
        
          der Umgang mit der Handsäge äu-
        
        
          ßerst sorgfältig seinmuss.
        
        
          
            Routiniert bewegen im Baum
          
        
        
          An den folgendenKurstagenwird
        
        
          weiterhin der Aufstiegmit den un-
        
        
          terschiedlichen Klettertechniken
        
        
          am umlaufenden Seil oder stehen-
        
        
          den Seil geübt. Doch jetzt geht es
        
        
          auch ans Eingemachte, der Gang
        
        
          aus dem Lot in Richtung Außen-
        
        
          krone, hinaus in den Feinastbe-
        
        
          reich. Wir erlernen Bewegungsab-
        
        
          läufe, diemit demnormalenGehen
        
        
          auf ebener Fläche nichts mehr zu
        
        
          tun haben. Dies unterscheidet die
        
        
          Baumklettertechnik von anderen
        
        
          Klettertechniken. Wir spüren
        
        
          schnell, dass die Kunst darin be-
        
        
          steht, das Körpergewicht über das
        
        
          Hauptseil, denAnkerpunkt und die
        
        
          Füße so in den Stammeinzuleiten,
        
        
          dass der Ast sich nicht aus der na-
        
        
          türlichen Position bewegt. Verste-
        
        
          hen tutman das sofort, aber bei der
        
        
          Umsetzung dieser Bewegungen
        
        
          merken alle schnell, dass es viel
        
        
          Übung bedarf, bisKopf undGlieder
        
        
          gemeinsam das Richtige tun. Spä-
        
        
          testens jetztwird auchklar, warum
        
        
          nach demA-Kurs 300 Praxisstun-
        
        
          den verlangt werden, bevor man
        
        
          sich zum B-Kurs anmeldet. Tech-
        
        
          nische Tricks wie Umlenkungen
        
        
          erleichtern manches, ersetzen die
        
        
          Beherrschung der Bewegungsab-
        
        
          läufe aber nicht. Das Gefühl, wenn
        
        
          man zum ersten Mal auf einem
        
        
          dünnen Ast in der Kronenperiphe-
        
        
          rie steht (oder soll ich sagen liegt?),
        
        
          dieser aber nicht bricht und man
        
        
          dazu noch beide Hände frei hat, ist
        
        
          überwältigend.
        
        
          
            Rettung aus dem Baum
          
        
        
          „Alles, was schiefgehen kann,
        
        
          wird auch schief gehen“, so Mur-
        
        
          phys Gesetz. Im Alltag ist es nur
        
        
          das Butterbrot, das natürlich mit
        
        
          der Butterseite auf die Tischdecke
        
        
          fällt. ImBaumkann das andereDi-
        
        
          mensionen annehmen. Eine gute
        
        
          Ausbildung minimiert die Unfall-
        
        
          gefahren, aber ganz ausschließen
        
        
          kann sie diese nicht. Deshalb trai-
        
        
          nieren wir auch die Rettung aus
        
        
          dem Baum. Bevor die Rettung
        
        
          durchgeführt wird, wird jeder
        
        
          Handgriff besprochen und trai-
        
        
          niert. Trotzdemsindwir alle ange-
        
        
          spannt. Wie viele Handgriffe, was
        
        
          ist alles zu beachten? Werde ich
        
        
          oben im Baum auch den richtigen
        
        
          Klemmknotenmachenkönnen, be-
        
        
          komme ichdas „Unfallopfer“ sicher
        
        
          an mein Seil und schließlich aus
        
        
          der Krone heraus und hinunter auf
        
        
          den Boden? Schließlich ist es so-
        
        
          weit. KursleiterWillie gibt dasNot-
        
        
          fallszenario vor: Sägeverletzung
        
        
          am linken Arm, der Verunglückte
        
        
          kann sich nicht selbst abseilen!
        
        
          Passend zumGeschehen das Wet-
        
        
          ter: ein ungemütlicher kalter Nie-
        
        
          selregen. Und dazu der Inszenator
        
        
          Willie Freese. Er treibt an, er for-
        
        
          dert, er ist gleichzeitig Opfer und
        
        
          Retter. Er ist so engagiert und