Baumpflege
        
        
          Praxis
        
        
          kletterblatt 2010
        
        
          
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          „
        
        
          W
        
        
          ie alt ist dieser Baum?“ Diese Frage wird uns als
        
        
          Baumexperten häufig gestellt. Als ob dies so einfach
        
        
          zu beantworten wäre. Denn selten kennen wir das Alter
        
        
          einesBaumes so genauwie bei der Linde inAhaus. 1667war
        
        
          es gewesen, als Fürstbischof Christoph Bernhard von
        
        
          Galen, nach einer Pestepidemie eineProzessionangeordnet
        
        
          hatte. Um den Ort der Predigt besonders hervorzuheben,
        
        
          wurde ein Hügel aufgeschüttet und darauf die Linde ge-
        
        
          pflanzt. UnsereLinde ist alsomindestens 343 Jahre alt und
        
        
          hat heute in Brusthöhe einen Stammumfang von etwas
        
        
          mehr als siebenMetern.
        
        
          Inden70er Jahrenwar imnördlichenKronentraufbereich
        
        
          eineUmgehungsstraßegebautworden. Späterkamzwischen
        
        
          FahrbahnundStammnoch einRadweg hinzu. DerRadweg
        
        
          verläuft 6Meter vomStammfußentfernt. Der restlicheKro-
        
        
          nentraufbereich besteht aus wenig genutzter Rasenfläche.
        
        
          DieseBaumaßnahmenblieben für denBaumnicht folgenlos.
        
        
          NachAngabender zuständigenVertreter des Landkreises
        
        
          Borken wurden im März 1995 durch eine ortsansässige
        
        
          Baumpflegefirma zum ersten Mal Verkehrssicherungs-
        
        
          maßnahmen an diesem Naturdenkmal durchgeführt. Ei-
        
        
          gentlich nichts Spektakuläres, ein wenig Tot- und Gefah-
        
        
          renholz musste entfernt werden. Der Landkreis als Eigen-
        
        
          tümer hatte hierfür eine ansässige Firma beauftragt. Zu-
        
        
          sätzlich zur TotholzentfernungwurdennochKronensiche-
        
        
          rungen eingebaut. ImMai 1998 erfolgte einGutachten zur
        
        
          Standsicherheit, mit Hilfe eines Resistographen. Da der
        
        
          Stamm massive Einfaulungen auf der Südseite hatte,
        
        
          wurde die Krone drei Jahre später sehr stark eingekürzt.
        
        
          Als Folge der extremen Einkürzung entwickelte der Baum
        
        
          einen durch Reiterate geprägtenHabitus.
        
        
          Diese Krone wurde im Jahr 2006 durch die Eichhorn
        
        
          Baumpflegenachbehandelt. DieReiteratewurdenvereinzelt
        
        
          und fachgerecht eingekürzt. Zu diesem Zeitpunkt war der
        
        
          Stammschon so stark eingefault, dassman 12Meter durch
        
        
          die Stämmlinge zu den Wurzelanläufen schauen konnte.
        
        
          Deshalb wurde beschlossen, den Baum in drei Schritten
        
        
          nochweiter einzukürzen, umihn langfristig standsicher zu
        
        
          erhalten. Geplant waren drei Schnitte im Abstand von 2
        
        
          Jahren, so dass der Baum wieder eine ausreichend starke
        
        
          und funktionstüchtige Sekundärkrone aufbauen konnte.
        
        
          Der erste Rückschnitt erfolgte 2007. Bei den Maßnahmen
        
        
          im Jahr 2009 stellten wir jedoch fest, dass der südliche
        
        
          Stammfußbereich total zersetztwar undnur noch von zwei
        
        
          Zugwurzeln gehaltenwurde. Ein stärkerer Rückschnitt als
        
        
          ursprünglich geplant war deshalb zwingend erforderlich.
        
        
          
            
              Rettung eines Naturdenkmales
            
          
        
        
          
            Die Linde
          
        
        
          an die
        
        
          Leine
        
        
          Alte Bäume
        
        
          beeindrucken.
        
        
          Oft sind sie
        
        
          Wahrzeichen
        
        
          einer Stadt oder
        
        
          einer Region.
        
        
          Weil sie so
        
        
          kraftvoll dastehen,
        
        
          mutet man ihnen
        
        
          viel zu. Nicht
        
        
          selten zu viel.
        
        
          Jürgen Unger
        
        
          über eine
        
        
          Baumrettung
        
        
          in Ahaus.