Interview
Olav Johswich
kletterblatt 2010
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sen. Allerdings hatMathiasGransowdieGesellschaft
2006 auf eigenenWunsch verlassen. Er wollte befreit
von zunehmenden unternehmerischenZwängenwie-
der sein ‚eigener Herr’ sein. Wir haben nach seinem
einvernehmlichen Ausstieg eine Art privilegierte
Partnerschaft vereinbart, und Mathias arbeitet wei-
terhin als Honorarkraft für uns.
Das bedeutet, Hanseatic Treework wird zur Zeit von
einer Doppelspitze geleitet?
Wenn man so will, ja. Unser Anliegen war es schon
immer, dieHierarchieganz flachzuhalten, aber irgend-
wer muss ja nun mal Entscheidungen treffen und den
Kopf hinhalten. Ichdenke, dassStefanSchwarzund ich
uns gut ergänzen. Während ich eher der Ungeduldige
bin, der jede neue Idee sofort umsetzen will und dabei
gerne auch mal die Probleme übersieht, ist Stefan der
Gegenpol. Er tritt schon mal kräftig auf die Bremse,
überdenkt alles in Ruhe und dreht einen zu investie-
rendenEuro so lange, bis jederVerkäufer insSchwitzen
kommt.Mit zweiVerantwortlichensindauchEntschei-
dungswege grundsätzlichkürzer geworden. Allerdings
fehlt imGegensatz zu vorher eine eindeutigeMehrheit.
Aber bis jetzt konntenwir uns immer noch einigen.
Schauen wir noch einmal 10 Jahre zurück. Was hat
Euch an der Selbständigkeit gereizt und wie waren
die Anfänge? Damals gab es doch auch eine richtige
staatliche Unterstützungseuphorie!
Naja, nachdemMathias und ich unsere
Ausbildung zum Fachagrarwirt für
BaumpflegeundBaumsanierungab-
geschlossenhatten,waruns schnell
klar, dass wir unsere eigenen Vor-
stellungen umsetzen wollten. Die
ursprüngliche Idee war als exzel-
lentes Kletterteam ausschließlich
Subunternehmerjobs imBereichder
BaumpflegeundBaumfällungdurch-
zuführen. Für diese Idee sindwir vom
Wirtschaftsberater der Existenzgrün-
dungsstelle in Bremen als Spinner
abgestempelt worden. Zum
Glück haben wir nicht
auf ihn gehört, sondern
unseren Weg wie ge-
plant fortgesetzt.
Nach zwei Jahren
hattenwir die
Herzlichen Glückwunsch für 10 Jahre
Hanseatic Treework.
10 Jahre, das ist schon eine lange Zeit. Eigentlich
kommtmir das gar nicht so vor, aberwenn ichüberlege,
wiewir angefangenhabenundwowir jetzt stehen. Eine
gewissePortionStolzkann ichnicht ganz vonderHand
weisen. Allerdings bin ichdanatürlichnicht alleine für
verantwortlich. Meine Eltern habenmich bei der Exi-
stenzgründung unterstützt undmir quasi denRücken
gestärkt, weil sie anmeine Ziele geglaubt haben. Auch
meineeigeneFamilie standhintermirundmeiner Idee,
auchwennwieder einmal die versprochene Familien-
zeit denBelangen der Firma geopfert werdenmusste.
Der Erfolg hat gemeinhin viele Väter.
Wie viele hat Hanseatic Treework?
Also, mindestens drei.Wir haben ja am01.08.2000 zu
zweit mit der ganzen Sache begonnen. Ich habe mit
Mathias Gransow Bremens erste reine Baumpflege-
fachfirma aus der Taufe gehoben. Später kam noch
Stefan Schwarz dazu.
Du hast auf den Anfang hingewiesen. Heute seid ihr
eine etablierte Firma, die problemlos auch große
Aufträgemit großenGeräten angehen kann. War das
vor zehn Jahren schon abzusehen?
Als ichmicham01.08.2000mitMathias selbstständig
machte–übrigensmit demunaussprechlichenNamen
Professional Hanseatic Treework - war trotz großen
Tatendrangs und vieler Ideen nicht abzusehen, wie
sich alles entwickelnwürde.
DerGrundgedankewar eigentlich ganz einfach. Zwei
gute Baumpfleger mit der gemeinsamen Passion für
die Seilklettertechnik steigen bei ihrer Firma aus, um
sich im Bereich seilunterstützte Arbeitsverfahren zu
spezialisieren und diese Arbeitstechnik bundesweit
anzubieten. Schonnachkurzer Zeit benötigtenwir den
ersten Firmenwagen, einen schwarzen T4. Stefan
Schwarz habenwir dann ins Boot geholt, als dieFirma
richtig expandierte.
Drei Kapitäne auf einemBoot?
Funktioniert das?
Anfangs ging das ganz gut. Wir haben vornehmlich
unsere individuellen Stärken zusammengeschlossen.
ImLaufe der Zeit gab es natürlichauchReibungen. Der
Entscheidungsprozess ist doch erheblich länger, wenn
dreiMeinungenaufeinander abgestimmtwerdenmüs-
Die Firma Hanseatic Treeworker wird 10 Jahre alt. Mitgründer Olav Johswich hat im Kletterblatt immer wieder
mit spannenden Beiträgen auf Hanseatic aufmerksam gemacht. Pfiffige und intelligente Lösungen bei kleinen
und großen Problemen: Fällung von 80 Eschen und Abtransport mit einer Schwerlastseilbahn am extrem steilen
Heidenheimer Schlosshang (Kletterblatt 2004), Großbaumverankerung in Hannover (Kletterblatt 2008), Weiter-
entwicklung der Schwerlastseilbahn für den Deichverband Bremen – Einsatz am Deich (Kletterblatt 2009) und
notabene mit zahlreichen Bildern in vielen Kletterblattausgaben. Olav Johswich ist auch leidenschaftlicher Fo-
tograf und nutzt sein Können am Seil für ungewohnte Baumbilder. (Kletterblatt 2006)