Kletterblatt 2010 - page 52

kletterblatt 2010
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Ausbildungskonzept
Kurse
neue Regeln für denEinsatz unserer PSA stehenwer-
den. Lange Zeitwar es Stand der Technik, dasKletter-
system aus Einzelteilen zusammenzufügen, die als
Gesamtheit nicht zertifiziert und geprüft waren.
Vor 15 Jahren war das oft ausschließlich ein langer
Prusikknoten auf dem Kletterseil. Mit der rasanten
Verbreitung der SKT wuchs auch die Vielfalt der
Klemmknoten. Schon sehr bald benutzte der fortge-
schrittene Kletterer kurze Knoten über einer Rolle.
Neben der Suche nach geeigneten Seilmaterialien
wurde auch viel mit der Anzahl und Art von Wick-
lungen und Kreuzungen sowie geeigneten Befesti-
gungen an der Rolle experimentiert. DiemeistenKlet-
terer finden nach einer gewissen Zeit die für sie geeig-
neteKonfiguration. Damit lässt es sichwesentlich ge-
schmeidiger und effektiver kletternalsmit demlangen
Prusik. Trotzdem blieb der Prusik der Knoten für die
An­fängerausbildung.DerGrunddafürwardieVermitt-
lung vonBasiswissenund die absoluteVerlässlichkeit,
welche leider nur um den Preis des oft zu festen Halts
amKletterseil zu haben war. Die kurzen Klemmkno-
ten, die ohne Frage Kraft sparendes und schnelleres
Kletternermöglichen, erfordernnämlich imGegenzug
vielmehr Aufmerksamkeit beimFeintuning, nicht zu-
letzt auch in Bezug auf den Zustand des Mantels bei
Seil undKnotenmaterial sowie die Feuchtigkeit.
Klemmknoten oder Lockjack?
Alternativ zudenKlemmknotengibt es seit vielenJah-
ren den Lockjack, ein Gerät, das für denselben Ein-
satzzweck entwickeltwurde. Auchhier hat sich inzwi-
schen die kurze Version durchgesetzt. In der Bedie-
nung kann man bei zuverlässigemHalt trotzdem auf
leichten Durchlauf vertrauen, wobei, abgesehen vom
gelegentlichenWechsel der Verschleißteile, keinFein-
tuning nötig ist. Der Lockjack hat imZuge seiner Ent-
wicklung eine Zertifizierung durchlaufen. Egal, wie
die neuen Regeln für die PSA aussehen, da hat der
Lockjack damit einen gewissen Startvorsprung vor
dennicht zertifizierten (oder reglementierten)Klemm-
knoten. Das ist seit einemJahr jedoch auchnichtmehr
absolut richtig, denn die Firma Teufelberger hat mit
dem CE-Climb ein zertifiziertes Klettersystem mit
Valdotain-Klemmknoten auf den Markt gebracht.
Jeder, für den die große Gruppe der SKT-Anwender
dennoch durch Knoten und Geräte unvereinbar in
zwei Fraktionen geteilt scheint und der sich überdies
derKnotenfraktion zugehörig fühlt, ist durch die Situ-
ation verständlicherweise genervt. Sein in der Praxis
durchaus bewährtes und auf Meisterschaf­ten
schnelles Systemwird durchGeräte verdrängt.
Dahermüssenwir uns immerwiedermit demVorwurf
auseinandersetzen, dieMünchner Baumkletterschu-
le würde die Verdrängung der Klemmknoten voran-
treiben. Außerdem wird unterstellt, dass das neue
Kurskonzept dazu da ist, denAbsatz des Lockjacks in
dieHöhe zu treiben. Der Fachhandel freeworker, über
den das Gerät vertrieben wird, und die Münchner
Baum­kletterschule firmierenunter derselbenAdresse.
Bei oberflächlicher Betrachtung ist das eine klare Be-
weiskette. Schule undHandel sind aber bei aller Sym-
pathie zwei getrennte Unternehmen und keinAusbil-
der profitiert vom Verkauf der Geräte. Wie dem auch
sei, werweiter fest an dieseVorwürfe glaubenmöchte,
kanndie nächstenAbsätze überspringen, alle anderen
bekommendie tatsächlicheErklärung für denEinsatz
des Lockjacks auf unseren SKT-A-Kursen.
Wieso Lockjack?
Wir haben die Veränderungen auf einem Ausbilder-
treffen mehrheitlich beschlossen. Natürlich war uns
die politische Brisanz des Lockjackthemas bewusst.
Nach einer sehr sachlich geführten Diskussion stand
eine zentrale Frage imRaum. Fürwenmachenwir ei-
gentlich die Kurse? Die Kletterkurse machen wir für
Menschen, die das Baumklettern erlernen wollen,
nicht, um von irgendwem irgendeiner Richtung oder
Fraktion zugeordnet zu werden. Folgerichtig stellte
sich die nächste Frage. Was darf ein Kursteilnehmer
vom Ausbilder erwarten? Das Lehren einer sicheren,
effizienten und praxisorientierten Technik im Rah-
men geltender Regeln und Vorschriften.
Genau dieser Grundsatz hatte ja auch dazu geführt,
dass wir die Teilnehmer nicht mehr nach fünf Ausbil-
dungstagen mit dem zwar sicheren, aber schwergän-
gigenPrusik indiePraxis entlassenwollten. DieTech-
nik war imVergleich weder effizient, noch besonders
praxisorientiert unddieRegeln sind gerade indemvor-
her beschriebenenSchwe­bezustand. DieVerwendung
vonkurzenKlemmknotenwäre durchaus praxisorien-
tiert und effizient. Effizienz undSicherheit stehenhier
aber immer in einem Kompromissverhältnis, dessen
goldeneMitte das erwähnteFeintuning erfordert. Und
mit der Regelkonformität verhält es sich nicht anders
als beimPrusik.
Der Lockjack erfüllt aus unserer Sicht alle Kriterien.
Die Bedienung ist auch für einenAnfänger sicher, das
ha­benunsereKursebewiesen.DieTechnik ist effizient.
AlleAusbildersindnachdemvergangenenJahrderAuf-
fassung, dass die Teilnehmer leichter in den Baum
kommenunddenWeg indenAußenastbereichund zu-
rück souveräner meistern als auf den Prusik-Kursen.
Die Praxisnähe steht auch nicht in Frage, da die fort-
geschrittenen Kletterer in der Regel kurze Systeme
klettern, ganz gleich obGerät oderKnoten, denn inder
Bedienung sindbeispielsweiseValdotainundLockjack
wesentlich verwandter als ein langer und ein kurzer
Klemmknoten.
Kein Abschied vom Prusik
Ist es unser Ziel die Knoten zu eliminieren? Ganz si-
cher nicht, denn der Prusik wird als Klemmknoten
weiterhin gelehrt. Er kommt im zweiten System zum
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