kletterblatt 2011
40
Fällung
Praxis
Mohr Baumpflege
Fachagrarwirt Baumpflege/Baumsanierung
Ausbilder derMBKS
Ralph Mohr
ATP Baumpflege
Mitglied der Arbeitsgemeinschaft
Helikopterfällung
Fachagrarwirt Baumpflege/Baumsanierung
Ausbilder derMBKS
Andreas Piepenburg
Baum hing jetzt in fünf Seilen: in den beiden Schlep-
perseilen und einem Textilseil unterhalb der ersten
Kontaktstelle sowie in zwei Stahlseilen auf ca. 10Me-
ternHöhe.
Jetzt konnte das Finale beginnen. Allen Beteiligten
wurde ihr Einsatzort zugewiesen. Da derWaldweg re-
gelmäßig von Spaziergängern und Joggern genutzt
wurde, mussten zwei Sicherungsposten amWeg abge-
stellt werden. Außerdem wurde Personal zum Aus-
hängen der Stammstücke, zum Absperren des Holz-
ablageplatzes, am Schlepper und als Bodenpersonal
am Baum eingeteilt. Natürlich gab es auch einen Bo-
ten, der die Sperrlastschlingen vom Holzablageplatz
zumBaumzurückbringenmusste. AuchwarenMitar-
beiter der Deutschen Bahn vor Ort, die mit Argusau-
gen darüber wachten, dass der laufende Zugverkehr
nicht behindert wurde. Rechtzeitig machte sich die
ganze Kolonne zum Landeplatz auf und dann kam
auch schon der Helikopter. Nach einem kurzen Brie-
fingmit demPilotenUdoRammund demLotsenAda-
lbert Hehl, sowie mit Thomas Finger (DB) konnten
alle ihre Posten beziehen. Andreas und ich statteten
uns nochmit Funk aus undmachten uns dann auf den
Weg indieWipfel. BeimAufstieg stelltenwir fest, dass
sich doch nicht alle Kontaktstellen gelöst hatten. An
zwei Punkten berührten sich die Stämme unglückli-
cherweise noch. Doch schon kamder Heli. Zuerst flo-
genwir dieWipfel raus, biswir zudenbeidenKontakt-
stellen kamen. Als wir die erste durchtrennten, pas-
sierte nicht viel. Bei der zweiten, einem ca. 4 cm
starken Totast, kam uns die ganze Fichte nochmals
ca. 10-15 cm entgegen. Unglaublich, was dieser kleine
Ast gehalten hatte. Aber erfreulicherweise hing die
gekippte Fichte jetzt tatsächlich komplett in den Sei-
len.Wir trugen beide Bäume parallel ab, bis zur ersten
Verseilung. Nun nahmen wir Stück für Stück die
Spannung aus den Schlepperseilen, sodass die Fichte
in den unteren Stahlseilen hing. Von nun an ging es
schneller voran.Wir konntendie Stücke immer größer
machen, um die Nutzlast des Helikopters auszunut-
zen. Andreas wechselte auf die stärkere Fichte, ich
baute die schwächere ab. An der unteren Verseilung
angekommen, wurden auf etwa 5 m nochmals die
Schlepperseile installiert, damit die bestehendenSeile
ausgebaut werden konnten und dann kamen wir end-
lich zum letzten Schnitt. Das letzte Stammstück of-
fenbarte uns, dass der Baumnur noch auf einer Rest-
wandstärke von 2 bis 5 cm gestanden hatte. Gegen 15
Uhr war die Aktion beendet.
Andreas:
Auf dem Holzablageplatz wurden die
Stämme sauber abgelegt. Sauber, ruhig, ordentlich,
von unten hörte man den Personenzug nach Heidel-
berg und plötzlich war sie weg, die Anspannung der
vergangenen Stunden. Jetzt konnten wir uns richtig
freuen über einen gelungenenEinsatz. Beimabschlie-
ßendenEssen besprachenRalphund ichnochmals die
gesamte Planung und Aktion. Schließlich wollen wir
die Erfahrung von heute in die Einsätze morgen mit-
nehmen.
ArbeitsgemeinschaftHelikopterfällung
Auch wenn Helikopterfällung nicht ganz
stimmt, so spielt er beim Einsatz der Arbeits-
gemeinschaft doch eine herausragende Rolle.
Die Arbeitsgemeinschaft Helikopterfällung
ist ein Zusammenschluss von Firmen, die das
Verfahren der Baumfällungen in Seilkletter-
technik mit demHelikopter gestützten Lasten-
flug kombinieren. Mit diesem Verfahren sol-
len Bäume unter maximaler Schonung ihres
Umfeldes abgetragen werden.
Bundesweite Medienbeachtung fand die Ar-
beitsgemeinschaft zuletzt bei einem Einsatz
am Edersee. Dort hatten sie im Auftrag des
Nationalparkes Kellerwald-Edersee 200 Bäume
mit ihrem Verfahren zu fällen und abzutrans-
portieren. Die Bäume standen an einem Steil-
hang mit einer besonders schützenswerten
Vegetationsschicht. Unter anderem befindet
sich dort die vom aussterben bedrohte
Pfingstnelke. Die Arbeitsgemeinschaft mus-
ste deshalb die Bäume ohne Erosionsschäden
aus dem Hang entfernen.
Dieses Arbeitsverfahren wird immer, nicht zu-
letzt aufgrund der Kosten, ein Sonderverfah-
ren bleiben. Doch für die Fällung von Bäumen
an besonders problematischen Standorten,
die ansonsten nur sehr schwer zugänglich sind,
bleibt es eine Alternative. Andreas Piepenburg
von der Arbeitsgemeinschaft: „ Wir arbeiten
eng mit unserem Partner der Helix- Flugge-
sellschaft zusammen, es geht dabei viel um
Verfahrensabstimmung und Feinarbeiten.
Nach jedemProjekt setzen wir uns zusammen
und werten die gewonnenen Erfahrungen aus.
Dabei lernen wir immer noch dazu – und das
ist auch wichtig. Mit anderen Kooperations-
partnern kümmern wir uns u. a. um die Opti-
mierung der Ausrüstung. Freeworker ist ein
solcher Partner oder auch das Sachverständi-
genbüro Tree Consult. Für die fallen während
der Abwicklung unserer Projekte sogar wissen-
schaftlich verwertbare Daten an. Undwir haben
einen eigenen Sicherheitsbeauftragten. Das
ist Christian Faust. Christian arbeitet an der
stetigen Verbesserung der Abläufe hinsichtlich
der Arbeitssicherheit und des Unfallschutzes.
Er sorgt dafür, dass wirtschaftliche Erwägungen
in den relevanten Bereichen immer der Arbeits-
sicherheit untergeordnet werden.“