Kletterblatt 2011 - page 50

kletterblatt 2011
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denZug der Technik verpasst haben. ImBaumgeht es
weiter. Wer einen langen Klemmknoten klettert, ist
sowieso zurückgeblieben. Wer einen kurzen Knoten
benutzt, ist ein Rebell und diemit denKlemmgeräten
sind die Bösen oder eben umgekehrt. Es gibt noch ge-
nügend weitere Fettnäpfchen, in die man als unvor-
eingenommener Baumpfleger treten kann. Da wären
zumBeispiel die Benutzung von Hilfsmitteln wie Big
Shot oder Stangensäge und dieErwägung, anstelle der
SKT auch eine Hubarbeitsbühne zu benutzen.
Stellt man alle Befindlichkeiten an die Seite, kommt
es doch nur darauf an, dass die Kletterer mit sicheren
Techniken in den Baum kommen und die Stellen er-
reichen, an denen die eigentliche Baumpflege stattfin-
den soll. Kritik ist nur dann angebracht, wenn die
Klettertechnik unnötige Gefahren birgt, Schäden im
Baumverursacht oder denKletterer nicht in die erfor-
derlichen Schnittpositionen bringt, was imschlimm-
stenFall dazu führt, dass demBaumstatt einer Pflege
eine nicht fachgerechte Kappung widerfährt.
Torsten ist doof.
Dieser Artikel soll niemanden davon abhalten, sich
ein eigenes Urteil zu bilden. Es ist aber nicht falsch,
sich damit etwas Zeit zu lassen und zu hinterfragen,
wie man zu diesem Urteil kommt. Vorschnelle Ein-
schätzungen oder das kritiklose Kopieren der Mei-
nungen anderer sind keine besonders guten Voraus-
setzungen für Objektivität.
Sichere Techniken und fachgerechte Baumarbeit
sind die hohen Ziele, für die wir eintreten sollten.
Wenn ein Baumpfleger diese Ziele auf einemanderen
Weg erreicht als ich, habe ich keinen Grund, schlecht
über ihn zu reden. Wenn ich jedoch den guten Baum-
pfleger nur daran erkenne, dass er meine Meinungen
zu einhundert Prozent teilt und sein Firmensitzmin-
destens fünfzig Kilometer von meinem entfernt ist,
muss ich mir vielleicht gefallen lassen, dass schlecht
über mich geredet wird.
Wenn ich in meiner Heimatstadt durch einen Park
laufe und gut gepflegte Bäume sehe, ist es mir eigent-
lich egal, ob dort mit Hubarbeitsbühnen oder SKT ge-
arbeitet wurde. Es ist mir auch egal, ob mit Footlock-
schlingen, Steigklemmen, Klemmknoten oder Lock-
jacks geklettert wurde. Wichtig ist, dass es neben den
immer noch zahlreichen schlechten Beispielen ver-
mehrt Beispiele für gute Baumarbeiten gibt. Falls ich
auch ein Angebot für diese Arbeiten abgegeben habe,
ist eine Spur Enttäuschung nur natürlich. Dennoch ist
es mir lieber, niveauvolle Konkurrenz im Umfeld zu
haben. Firmen, die keinen Aufwand für Ausbildung
und Ausrüstung betreiben, bieten meist billiger an
und liefern schlechteArbeit ab. Da sehr häufig dieAn-
gebotssumme über den Zuschlag entscheidet, hätte
das zur Folge, dass ichkaumAufträge habe und zudem
in meiner Umgebung ständig an mehr oder minder
hässlichen Baumruinen entlangfahre.
In den Jahren, in denen ich als Baumkletterer und
Ausbilder arbeite, habe ich schon verschiedene Strö-
mungen und Entwicklungen miterlebt. Ich habe mir
Meinungen gebildet. Einige haben sich gehalten, ande-
re musste ich wieder verwerfen. Die Erfahrung, dass
man sich irren kann, und der Mut, sich diesen Irrtum
auch selbst einzugestehen, habenmich gelehrt, dass es
in erster Linie auf eines ankommt: Respekt!
Diplomingenieur für Forstwissenschaft,
Firmeninhaber der Fa. happy-tree.
Seit 7 Jahren Ausbildungsleiter imTeam
derMünchner Baumkletterschule.
Bernhard Schütte
Ins Seil genommen
1...,40,41,42,43,44,45,46,47,48,49 51,52,53,54,55,56,57,58,59,60,...132
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