Kletterblatt 2011 - page 32

kletterblatt 2011
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SEILTECHNIK
Praxis
Einfachseil gegen Doppelstrang
Vergleich der (Dehnungs- und) Dämpfungseigenschaften
amKletterseil Edelrid XP*
B
ei der Untersuchung undBewertung dynamischer
Lasten (Fangstöße) müssen neben der Sturzstre-
cke und Systemlänge im Einzelfall auch die Seildeh-
nung, das Rutschen des Klemmknotens / Lockjacks,
das Nachgeben des Ankerpunktes sowie die Körper-
verformung berücksichtigtwerden. All dieseFaktoren
beeinflussen die Höhe des Fangstoßes und der Be-
schleunigung, die im Fall des Falls für das Ausmaß
der körperlichen Belastung ausschlaggebend sind.
Das Prüfverfahren für Baumpflegeseile (DIN 1891)
sieht vor, dass am Einzelstrang bei 60 cm Fallhöhe
und Sturzfaktor 0,3 einFangstoß von 6 kNnicht über-
schrittenwerden soll. Bereits 2009 hat B. Schütte Er-
gebnisse vorgestellt, wonach bei 1 bis 4 m Fallhöhe
und Sturzfaktor 0,3 Fangstöße über 6 kN auftreten
können, da dasKletterseil imDoppelstrang verwendet
wird. Das Rutschen des Klemmknotens auf dem Seil
reduzierte die Kraftspitze bereits auf unter 6 kN. Da-
rüber hinauswird dieHöhe des Fangstoßes von 2wei-
teren Faktoren (Ankerpunktfederung, Körperkom-
pression) wesentlich beeinflusst.
Fangstoß, Dehnung und Dämpfung
Die anlassgebende Frage ist, welche Fangstoßkräfte
und Beschleunigungen bei der Verwendung von
Baumpflegeseilen im Doppelstrang (beispielhaft)
überhaupt auftreten. Diese sind je nachSturzsituation
natürlich sehr verschieden. Welche Einflüsse haben
die Faktoren Ankerpunktbiegung bzw. -federung so-
wie die Verformung des Körpers? Wie unterscheiden
sich alte und neue Seile in ihren Dehnungs- und
Dämpfungseigenschaften?
Untersuchungsmaterial und Methoden
ImPrüflabor der FirmaEdelridwurdenAnfang Juni
2009 70 m Kletterseil im Einzel- und Doppelstrang
statisch und dynamisch belastet. Zur Untersuchung
standen zwei 12 mm 35m-Seile vomTyp Edelrid XP*
Baumpfleger benutzen mit der PSA gegen Absturz ein sog. Arbeitsplatzpositionierungssystem. Die Seile, Gurte, etc.
sollen statisch belastet werden, Materialien mit geringer Dehnbarkeit sind dafür geeignet. PSA mit hoher Dehnung
würden die Arbeit erschweren. Für den Notfall (z. B. Standastversagen) weisen die Kletterseile eine gewisse Deh-
nung auf, um Stürze mit geringer Fallhöhe abfedern zu können. Welche Auswirkungen Stürze von 60 cm Fallhöhe
haben, soll hier kurz skizziert werden.
zur Verfügung. Das eine Seil war ein ca. 4,5 Jahre
altes, ausgesondertes Exemplar aus demBestand von
A. Köhler. Das zweite war ein von der Firma Drayer
gesponsertes fabrikneues Seil. Für Tests zurKalibrie-
rung und für Referenzen wurden weitere fabrikneue
Seilmeter vomgleichenTyp vonder FirmaEdelrid be-
reitgestellt. Alle Versuche wurden im hauseigenen
Prüflabor durchgeführt.
Es wurden 6 statische Belastungsversuche an einer
Zugprüfmaschine (Abb. 1) durchgeführt, die die Seil-
stücke horizontal mit 1 m/min Belastungsgeschwin-
digkeit bis zumBruch auseinanderzog. Aufgezeichnet
wird dabei die Zugkraft inAbhängigkeit von der Deh-
nung (Abb. 2). Durch die Befestigung an sog. Schlin-
genscheiben war gewährleistet, dass das Seil bei Ma-
ximalkraft versagtundnicht durchKnickeoderKnoten
geschwächtwurde.
Die 5 dynamischen Prüfungen wurden imFallturm
durchgeführt. Dies ist ein Schacht bis in den Keller
(Abb. 3), in dem, an Rohren geführt, ein 100-kg-Ge-
Neu gegen alt
statischer Zugversuch auf Schlingenscheiben
Abb. 1
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