weiter zudenFjorden vonNordpatagonien,
umdort die abgelegene Forschungsstation
Huinay aufzusuchen, wo sie hofften, etwas
mehr über die unerforschteWildnis zu er-
fahren.
Auf der Suche nach geheimen Beständen
Auf ihrer Reise trafen sie den heimischen
chilenischen Zimmermann Orlando, der
ihnen einige seiner Werkstücke zeigte. Er
schwärmte von der Härte des Alercen-
holzes, die ja auch der Grund dafür war,
dass die Bäume früher in so großem Um-
fang gefällt wurden. ImgemeinsamenGe-
spräch erzählte Orlando auch von ge-
heimen Beständen, hoch oben in den Ber-
gennahe desAlerceAndinoNationalparks.
Das Team nahm die Spur auf und ver-
suchte, die legendärenBäume auf demWeg
nach Hornopiren zu finden.
Sie errichteten ihr Lager amFußder Berge,
am Rand des Alerce Andino National-
parks. Von dort wanderten sie über zehn
Kilometer in die Richtung, die Orlando ih-
nen gewiesen hatte. Das Ganze schien ir-
gendwie sinnlos und leicht verrückt, die
Anstrengungwar groß, die Füße schmerz-
ten und es zog Nebel auf, das Team verlor
allmählich die Hoffnung. Dann, ganz un-
vermittelt, erhob sich ungefähr 200Meter
vor ihnen eine monströse Silhouette aus
demNebel und ragte hoch über ihreKöpfe.
Das Teamwar schnell amFuß des Baumes
und konnte gleich feststellen, dass es sich
hier um eine Solitäralerce handelte. Nach
einer einstündigen Pause am Fuß des
Baumes hob sich der Nebel und es zeigte
sich, dass die Baumlinie östlich von ihnen
hauptsächlich vonAlercen gebildet wurde.
Nach ihrer Größe geschätzt mussten sie
Tausende von Jahren alt sein.
Abenteuerliche Überquerungen und
ein atemberaubendes Geheimnis
Um zu diesen Bäumen zu gelangen, muss-
ten sie einen tückischenFluss überqueren,
unter mehreren tobenden Wasserfällen
hindurch.Waldo seilte sich indasWildwas-
ser ab und kletterte über wild angehäufte
Alercenstämme, umauf die andereSeite zu
gelangen. Das Team installierte eine Seil-
bahnundzogdanndie gesamteAusrüstung
hinüber ans andereUfer. Nachdemalles ins
Trockenegebrachtwordenwar,machtesich
dasTeamauf denWegdurchdendichtesten
Wald, den sie jemals gesehen hatten. Eine
Stunde lang kämpften sie sichüber undun-
ter riesigen umgestürzten Bäumen hin-
durch, nutzten Arbeitsseile, um sich an
Felswänden herabzulassen, die stets wie
aus demNichts auftauchten, und schließ-
lich stolperten sie direkt hinein in ein ver-
wachsenes, wunderschönes grünesGehölz
aus riesigen Alercenstämmen. Der Nebel
hing über dem nassen, moosigen Boden
und über allem thronte in zehn Metern
Höhe ein gewaltiger Fels, bedecktmit Klet-
terpflanzen undMoosen, aus denen es ste-
tig herabtropfte. Der Fluss rauschte und
gurgelte von weither und die Bäume stan-
den still und hoch. Sie erhoben sich über
alles andere, ihre dunklen Umrisse vor
dem klaren blauen Himmel deutlich ge-
zeichnet.
„Das war mit Abstand die geheimste und
unberührtesteBaumgruppe, die ich je-
Puerto Montt
ist eine geschichtsträch-
tige Stadt. Das gesamte
Gebiet war ursprünglich
von dichtem Urwald be-
deckt und wurde Melipuli
genannt, was in Mapudun-
gun, der Sprache der
Mapuche, „die vier Hügel“
bedeutet. Weil die geogra-
phische Lage am Meer
viele Vorteile bot, wurde
das Gebiet weitläufig ge-
rodet. Deutsche Auswan-
derer gründeten an dieser
Stelle dann im Jahr 1851
die Stadt Puerto Montt.
Die Holzindustrie spielte
in der Entwicklung der
Stadt eine große Rolle und
schuf Arbeitsplätze für Tau-
sende von Arbeitern.
Heute kennt man die Re-
gion vor allem aufgrund
ihrer Bedeutung als einer
der größten Lachszüchter
der Welt. Das nimmt etwas
Druck von den Urwäldern,
trotzdem spielt das Ge-
schäft mit Hackschnitzeln
immer noch eine wichtige
Rolle in der regionalen
Wirtschaft. Berge von
Holzstämmen und Holz-
schnitzeln prägen nach
wie vor das Bild der Regi-
on.
kletterblatt 2014
40
Forschung
Report