Diplomingenieur für Forstwissenschaft,
Inhaber der Fa. happy-tree.
Seit 10 Jahren Ausbildungsleiter im
TeamderMünchner Baumkletterschule
Bernhard Schütte
ArborCare
·
ca® GmbH
Tel. (02244) 3233
Herzeleid 69a
53639 Königswinter
höher, weiter“ – oder hier eher „di-
cker, schwerer, länger“ – Modus.
Analog zumMaterialeinsatzmuss
es auch hier einen gutenGrund für
die großen Teile am Seil geben,
und die Ausschüttung von Adre-
nalin ist kein guter Grund.
Große Lasten verursachen bei
gleicherHandhabung desRigging-
systems immer höhere Fangstöße
als kleine Lasten. Die Seile und
Schlingen im Riggingsystem al-
ternmit der Zahl der sogenannten
Lastgänge, und die Zahl der Last-
gänge bis zum Versagen wird vor
allem durch die Größe der angrei-
fenden Kräfte bestimmt. Das Seil
muss also eher ausgesondert wer-
den, falls es nicht eines Tages ein-
fach reißt.
Das Riggen großer Baumteile dau-
ert in der Vorbereitung oft länger.
Der Schnitt wird größer, vielleicht
wird die Schnitttechnik kompli-
zierter, bei dicken Stammstücken
benötigt man Hilfsmittel zum
SchiebenoderKeilenoder einZug-
seil, und nicht zuletzt hat man als
Kletterer Respekt vor dem zu er-
wartenden Fangstoß und prüft
Schnitt undArbeitsposition länger
und häufiger. Ist das Teil am Bo-
den, muss es aus dem Arbeitsbe-
reich geräumt werden. Wennman
nicht auf unbegrenztes Bodenper-
sonal zurückgreifen kann, dauert
auch das Beräumen länger, ganz
gleich, ob es sich um ein Kronen-
oder Stammteil handelt.
Der Kurs „Rigging amModell“ soll
jeden Teilnehmer vorwärts brin-
gen. Bevor aber Horst und Man-
fred ihr Fell riskieren und imKip-
pen, Klappen, Schwingen und Fal-
len der Äste und Stammteile ver-
suchen, die Oberhand zu behalten,
geht es darum, das Urteilsvermö-
gen zu schulen. Man kann sich be-
wusst gegen Rigging entscheiden,
auch wenn ein Auto voller Seile
undRollenneben demBaumsteht.
Man kann sich bewusst für Rig-
ging entscheiden, auch wenn es
nur umeinen einzigen, fünfMeter
langen Ast geht, der eigentlich am
Dach vorbei fallen müsste. Man
kann über die Reihenfolge der Ar-
beitsschritte im Baum durch das
Ausnutzen der Trägheit die Si-
cherheit erhöhen. Nach dem Kurs
schließlichwird es sehr komforta-
bel sein, für jedes Problem nicht
nur eine oder keine, sondern drei
oder vier Lösungen zu kennen und
einfach die passende zu wählen.
Wer den Kurs besuchen möchte,
ist herzlich willkommen. Die an-
gestellten Überlegungen sollen
aber ebenso eineAnregung für alle
Kletterer sein, im Alltag über die
Auswahl der Arbeitsverfahren
nachzudenken. Manchmal wird
man imStress oder in der Routine
betriebsblind. Dieser Artikel ist
auch deshalb entstanden, weil ich
diesen Zustand gut kenne.
Wenn Wirtschaftlichkeit keine Rolle spielt ...