kletterblatt 2010
        
        
          
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          material und Kletterutensilien zu
        
        
          den jeweiligen Berggipfeln. Selten
        
        
          waren wir jedoch nach der Fahrt
        
        
          schonamZiel. Geradediehöchsten
        
        
          Stellen sind nicht erforscht. Daher
        
        
          mussten wir bis zu unseren Zielen
        
        
          noch etliche Gebirgszügemit hun-
        
        
          derten anstrengenden Höhenme-
        
        
          tern überwinden, auf Pfaden, die
        
        
          mit Macheten ins Dickicht ge-
        
        
          schlagen wurden und mitunter so
        
        
          steil wurden, dass ich mich schon
        
        
          anleinen wollte. Und das beladen
        
        
          mit 30 kgGepäck. Dennwir hatten
        
        
          nicht nur die Ausrüstung zu
        
        
          schleppen: wer mehrere Tage in
        
        
          der Wildnis leben will, braucht
        
        
          Wasser. Fandenwir dann einen ge-
        
        
          eigneten Lagerplatz, richteten wir
        
        
          uns häuslich ein. Wichtig war der
        
        
          gemeinsameEss- undArbeitsplatz
        
        
          und eine trockene Schlafmöglich-
        
        
          keit. Wenn es im Regenwald mal
        
        
          regnet, dann richtig. Regelmäßig
        
        
          flossen richtige Bäche durch unser
        
        
          Lager. IndenNebelwäldernder hö-
        
        
          heren Lagen wird es nie trocken.
        
        
          DieWolken ziehen durch denWald
        
        
          und kondensieren an jedem Blatt
        
        
          zu Tropfen und wegen der Moos-
        
        
          polster ist der ganzeWaldbodenein
        
        
          voll gesogener Schwamm. Hatman
        
        
          sich aber an die dauernde Feuch-
        
        
          tigkeit gewöhnt, gibt es nichtsMys-
        
        
          tischeres als eben diesen Nebel-
        
        
          wald, derwohl auch deshalbElfen-
        
        
          wald genannt wird.
        
        
          Da Frösche in der Nacht rufen,
        
        
          deshalb leichter zu finden sind und
        
        
          auch Echsen und Schlangen im
        
        
          Schlaf nicht einfach schnell ver-
        
        
          schwinden, sobald sie einenbemer-
        
        
          ken, fanden die Sammelaktionen
        
        
          meist nachts statt. Tagsüber berei-
        
        
          tetenwirWege vor bzw. plantendie
        
        
          Routen oder untersuchten die in
        
        
          der Nacht zuvor gefangenen Tiere.
        
        
          Abends warteten wir dann am
        
        
          Ende derWege bis dieDämmerung
        
        
          hereinbrach, ummit Stirnlampen
        
        
          auf dem Rückweg die Vegetation
        
        
          abzusuchen. Interessanterweise
        
        
          entdecktmannachts imLichtkegel
        
        
          derLampemehrTiere als tagsüber,
        
        
          wenn das Auge gar nicht weiß, wo
        
        
          es hinschauen soll. DasKlettern zu
        
        
          den Fröschen war schwierig, weil
        
        
          wir aus Sicherheitsgründennachts
        
        
          natürlich kein Seil hoch einbauen
        
        
          konnten. Somusstenwir nachts zu-
        
        
          erst hören, in welchem Baum der
        
        
          Frosch saß und am nächsten Tag
        
        
          das Seil einbauen. In der folgenden
        
        
          Nacht konntenwir uns dannauf die
        
        
          Suche machen. Durch den dichten
        
        
          Bewuchs war das Einbauen des
        
        
          Seils auch am Tag nicht einfach.
        
        
          Einmal verklemmte sich beim Ab-
        
        
          ziehen der Kambiumschoner in
        
        
          dreißigMeterHöhe und konnte nur
        
        
          mit viel Geduld undGewackel wie-
        
        
          der nach unten befördert werden.
        
        
          Trotz dieser Widrigkeiten gelang
        
        
          es uns, einige Tiere in den Baum-
        
        
          kronen nachzuweisen. Z. B. den
        
        
          Frosch
        
        
          
            Isthmohyla picado
          
        
        
          aus Ju-
        
        
          rutungu, der meinen Freund bei
        
        
          einer früheren Expedition immer
        
        
          angequakt oder ausgelacht hatte,
        
        
          aber nie sichtbar gewordenwar.
        
        
          So verbrachten wir mehrere Wo-
        
        
          chen auf verschiedenen Gipfeln
        
        
          zwischen 1.200 und 3.400 Höhen-
        
        
          metern, umgeben vonBaumfarnen,
        
        
          Orchideen, LianenundgroßenBäu-
        
        
          men. Wir sahen Kolibris, Glasfrö-
        
        
          sche, Salamander, Anolis, aber auch
        
        
          Opossums undGürteltiere.Manch-
        
        
          mal mussten wir Giftschlangen
        
        
          vom Zelt schütteln oder wurden
        
        
          von unzähligen blutrünstigen In-
        
        
          sekten geplagt. Auch das Dengue-
        
        
          Fiber ergriff einen von uns, die Ka-
        
        
          meras kapitulierten vor der Feuch-
        
        
          tigkeit und wir mussten spüren,
        
        
          dass man auch im tropischen Ne-
        
        
          belwald frieren kann. Doch eswur-
        
        
          den viele Daten gesammelt und all
        
        
          diese Eindrücke und Erlebnisse in
        
        
          einem uns Europäern so fremdem
        
        
          Ökosystem machten es zu einem
        
        
          echten Abenteuer!
        
        
          Bedankenmöchte ichmichbei der
        
        
          FirmaFreeworker für dieBeratung
        
        
          und Komplettierung der Ausrü-
        
        
          stung, bei meiner Familie und den
        
        
          Schwiegereltern für ihre Unter-
        
        
          stützung, sowie den beiden Dokto-
        
        
          randen A. Hertz und S. Lozkat für
        
        
          die Möglichkeit, an Orte zu kom-
        
        
          men, die kein Reisebüro bietet.
        
        
          Weitere Infos unter
        
        
        
          
            gelernterLandschaftsgärtner
          
        
        
          
            undBaumpfleger
          
        
        
          
            Andreas Uselis