Kletterblatt 2010 - page 22

Baumpflege
Praxis
kletterblatt 2010
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1. Beim Footlocken wird mehr Ar-
beit in Sachen gesteckt, die nicht
tatsächlich einen Höhengewinn
bringen, z.B. beim Anheben des
Seiles mit den Füßen. Also ist der
Aufstieg mit Seilklemmen effizi-
enter, weil derHöhengewinn (=En-
ergiegewinn) mit weniger Arbeit
erreicht wird. Der Kräfteverlust
durch die Dehnung imSeil ist eher
vernachlässigbar.
2. Was wir als anstrengend emp-
finden, ist die Muskelanspannung
beimFesthalten des Seiles und die
Körperspannung, wenn man die
Beine anhebt zum Footlock und
dann so verharrt. Magnus nennt
das „Haltearbeit“, mechanisch ge-
sehenwird dabei aber keine Arbeit
verrichtet – der Körper verbrennt
dafür aber trotzdem jede Menge
Energie. Wenn dieser Aufwand
kleiner bleibt, ist die Anstrengung
geringer – obwohl die Energiebi-
lanz (Gewinn an Lageenergie) die
gleiche ist. Das ist ganz klar ein
Kriterium für Effizienz.
Der Höhengewinn ist bei beiden
Techniken tatsächlich der gleiche,
was bedeutet, dass nach dem Auf-
stieg, egalmitwelcher Technik, der
Körper des Kletterers den gleichen
ZugewinnanLageenergie erfahren
hat (die sich inWärme verwandeln
kann, wenn er wieder abgelassen
wird und z. B. das Bremsgerät oder
denKnoten aufheizt).
Auf demWeg nach obenmussAr-
beit verrichtet werden, und das
kann unterschiedlich effizient ge-
schehen. Der gleicheHöhengewinn
kannmit ungleichmehrArbeit ver-
bunden sein, z. B. wenn der Klette-
rer während des Aufstiegs immer
wieder ein Stück zurückfällt. Auch
wenn man beim Footlock das Seil
immer wieder etwas anhebt und
fallen lässt, wird bereits geleistete
„Fuß-“Arbeit sozusagenwieder zu-
nichte gemacht. Dieser energe-
tische Unterschied dürfte in un-
serem Fall jedoch vergleichsweise
gering sein, zumindest solange das
Seilgewicht gering ist.
Obwohl wir es ebenfalls als an-
strengend empfinden, ist das bloße
Festhalten am Seil oder das Ver-
harren ineiner PositionunterMus-
kelanspannung imphysikalischen
Sinn keine Arbeit, weil sich dabei
an der Energieverteilung im Sy-
stem, d.h. an der Position des Klet-
terers oder seiner Geschwindig-
keit, nichts ändert. Eine steigende
Temperatur unter den Achseln
wäre wohl der einzige energetisch
relevante Vorgang.
Unter ergonomischen und biome-
chanischenAspektenspielensolche
„ineffektiven“ Anstrengungen, die
durchVerbrennungunserer körper-
eigenenEnergiereserven zu starker
Ermüdung führen, aber durchaus
eine enormeRolle. Sie dürftenauch
wesentlich dazu beitragen, dass
Seilklemmtechniken als weniger
anstrengendempfundenwerdenals
der Aufstieg mit Footlock. Mit
einem höheren mechanischen En-
ergieaufwandhaben sie aber nichts
zu tun, sie sind nur ein Zeichen für
geringere Effizienz beim Einsatz
desTreibstoffs „Muskelkraft“.
Und was bedeutet das für die
alltägliche Baumpflege?
Jede Technik hat Ihre Vor- und
Nachteile. Footlock funktioniert
mit wenig Aufwand und hat ge-
ringe Rüstzeiten, erfordert aber
hohe Fitness und Können, da sehr
viel von Bewegungsabläufen ab-
hängig ist. Steigklemmsysteme
sind teurer in der Anschaffung,
komplexer in der Umsetzung und
benötigen dadurch eine sehr viel
höhere Vorbereitungszeit. Mit zu-
nehmender Höhe wird dieser
Nachteil geringer und der Einsatz
von Steigklemmsystemen interes-
santer, weil das Seilgewicht keine
Rolle spielt und beim Klettern die
Geschwindigkeit länger aufrecht
erhalten werden kann, weil der
Körper nicht so schnell ermüdet.
Sie ist leichter erlernbar und des-
halb auch für wenig trainierte
Kletterer dasMittel derWahl.
Act & Watch
GründerundMitinhaber
derMünchnerBaumkletterschule
Johannes bilharz
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