kletterblatt 2014
        
        
          
            98
          
        
        
          Ausland
        
        
          Report
        
        
          mit StangensägenundLeitern ausgeführt.Der Baum-
        
        
          bestand setzt sich zusammen aus vielen Akazien-
        
        
          Sorten mit ziemlich fiesen Dornen, die manch einen
        
        
          Aufstieg wie durch eine Rolle Stacheldraht erschei-
        
        
          nen ließen. Dazu kommenAlbizzien, Eukalyptus, Fi-
        
        
          cus und Flametrees. Die HauptaufgabenwarenKro-
        
        
          nenpflege und Lichtraumprofilschnitt, garniert von
        
        
          kleineren Fällungen oder einer Einkürzung.
        
        
          Unser Hotel lag in der Sechs-Millionen-Stadt Riad.
        
        
          Täglich musste man sich durch den chaotischen Ver-
        
        
          kehr bis zu den Einlasskontrollen zum Diplomatic
        
        
          Quarter amWestrand der Stadt durchwühlen, wo je
        
        
          nachLustundLaunederSicherheitskräftekontrolliert
        
        
          oder durchgewunken wurde. Denen war nicht immer
        
        
          leicht zu vermitteln, was wir mit einemHaufen Seile
        
        
          und Motorsäge im Botschaftsviertel vorhatten. Wir
        
        
          versuchten, eine Regelmäßigkeit oder Abfolge bei den
        
        
          Kontrollen zu ermittelnmit einigen Selbstversuchen,
        
        
          wiemit Sonnenbrille, Sonnenkappe, auf Englisch, auf
        
        
          Arabisch, Radio anoder aus oder eben linke oder rech-
        
        
          te Einfahrt. Die einzige Regelmäßigkeit, die wir ent-
        
        
          deckenkonnten,war, dassdieJungsmorgenseherkon-
        
        
          trollierten. Aber abmittags in derHitzewurde durch-
        
        
          gewunkenundmanblieb lieber nahe bei derKlimaan-
        
        
          lage stehen. Einmal drinnen im DQ, war es etwas
        
        
          geordneter und nur Saudi-Arabien „light”.
        
        
          Der chaotische Verkehr, bei dem zum wichtigsten
        
        
          Ausrüstungsgegenstand eine funktionierende Hupe
        
        
          gehört, hatte einen erheblichen Vor-
        
        
          teil. Daman sich ja nicht gut auskann-
        
        
          te und öfter mal auf der falschen Spur
        
        
          landete, machte es auch nichts, sich
        
        
          einfach von rechts durch alle vier Spu-
        
        
          ren durchzuhupen, um links abzubie-
        
        
          gen oder einfach an Ort und Stelle zu-
        
        
          rückzusetzen. Oft genug kam einem
        
        
          auf der eigenen Spur einer entgegen. Generell gerne
        
        
          praktiziert wurde auch, sich an der Ampel rechts vor-
        
        
          bei zu quetschen und dann vor allenWartenden vor-
        
        
          bei nach links zu queren. Wer einen Geländewagen
        
        
          besaß, für denwaren auch die extra hohenBordstein-
        
        
          kanten kein Hindernis. Fuhr man europäisch oder
        
        
          mit Abstand, verschärfte sich das ganze Phänomen
        
        
          noch. Denn klebte man nicht an der Stoßstange des
        
        
          Vordermannes, zog immerwieder einer vonrechtsund
        
        
          links rein. Kurze Anmerkung: Das Frauenfahrverbot
        
        
          wird u. a. damit begründet, man wolle ein Verkehrs-
        
        
          chaos verhindern! Oder, Frauen könnten beim Auto-
        
        
          fahren ihre Gebärmutter verletzen und Kinder mit
        
        
          gesundheitlichen Problemen zur Welt bringen. Wie
        
        
          man in allen anderen Ländern derWelt ja sieht ...
        
        
          
            Am Beispiel der zwei uns zugeteilten Bodenmänner
          
        
        
          
            „lernten” wir bald,
          
        
        
          dass sie, wie auch die meisten an-
        
        
          deren Arbeiter in diesemLand, meist unter falschen
        
        
          Versprechungen ins Land gelockt wordenwaren. Bei
        
        
          der Einreise wurden ihnen die Pässe abgenommen,
        
        
          womit sie ihrenArbeitgebern hoffnungslos ausgelie-
        
        
          fert sind. Und dabei werden sie eben nicht gerade gut
        
        
          behandelt und bezahlt. Fast alle körperlichen Arbei-
        
        
          tenwerden vonMillionenGastarbeitern ausgeführt.
        
        
          Zudenenwir auch gehörten.Manwird ganz klar nach
        
        
          seiner Herkunft in einer Art Rassen-Hierarchie ein-
        
        
          geordnet: ganz oben die Saudis und als letztes Arbei-
        
        
          ter wie unsere Bangladeschi. Bei Gesprächen hielten
        
        
          die Saudis es für einenWitz, dass in unserer Heimat
        
        
          deutsche Handwerker selbst körper-
        
        
          lich auf schmutzigenBaustellen arbei-
        
        
          ten würden. Selbst wenn wir in un-
        
        
          serer nur leicht verschmutzten Ar-
        
        
          beitskleidung in den Straßen unter-
        
        
          wegs waren, wurden wir ungläubig
        
        
          beäugt. Streng nach dem Motto: Wer
        
        
          arbeitet, kann nichts wert sein!