kletterblatt 2014
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Ausland
Report
S
audi-Arabien hat die größte Sandwüste der Welt
und dieweltweit größtenErdölreserven. Aufgrund
seiner Bodenschätze ist es ein unermesslich reiches
Land. ImSommer sindMaximalwerte bis 55
0
Cmög-
lich, im Winter ca. 25
0
C. Also eigentlich nicht
schlecht zumÜberwintern. Aber Saudi-Arabien, „das
Mutterland des Islam“, ist auch ein Land, das von ei-
ner absolutenMonarchie regiert wird und in demdas
ganze Leben nach den streng-konservativen isla-
mischenRegeln desWahhabismus geregelt ist. Fünf-
mal amTag ist Gebetszeit, in der für 40Minuten das
öffentliche Leben stillsteht. Es ist ein Land, wo nach
wie vor Hinrichtungen mit dem Schwert in aller Öf-
fentlichkeit praktiziert werden. EinLand, wo jede Art
von Vergnügen nach unseren Vorstellungen – wie
Musik, Theater, Partys, Kino, Alkohol oder Bars –
verboten ist. Ein Land, in dem Frauen verschleiert
leben müssen und nicht Auto fahren dürfen. Das
komplette, öffentliche Leben wird – wie z. B. in Re-
staurants – in zwei räumlich getrennte Bereiche ge-
teilt: Single-Männer und Family Sections.
FlorianCantner
, mein Baumpflege- und Ausbilder-
kollege, und ich erwarteten ungewohnte Dinge. Aber
wie es letztendlich kommen sollte, übertraf alle un-
sere Vorahnungen.
Zunächst einmal mussten viele Dinge vorab geklärt
werden. Die ArRiad Development Authority (ADA)
in der Hauptstadt Riad ist zuständig für viele öffent-
liche Parks, Straßen, für das Verkehrswesen und un-
ter anderemauch für das 400Hektar große Diploma-
tic Quarter. Dort, in den künstlich angelegten Parks
und Grünanlagen rund um die Botschaften aller
Welt, sollte unser Haupteinsatzgebiet sein. Geplant
war Oktober-November 2013 und Januar-Februar
2014. Viele E-Mails gingen hin und her, doch immer
wieder fehlten für den Visumantrag wichtige Doku-
mente. Als endlichmeinReisepassmit Visumper Ex-
press aus Berlin zugestellt wurde, gab es erst einmal
einen Schreck. ImVisumwar fett zu lesen „Not per-
mitted to work“ und „gültig für 30 Tage“. Wie sollten
wir mit solchen Visa vier Monate in Saudi-Arabien
arbeiten? Am Telefon erklärte man uns, so sei das
normal. Ah?? – Okay!?!
Es stellte sich heraus, dass man in der Tat nur 30 Tage
imLand bleiben durfte. Also, musste man alle 30 Tage
schnell mal 1.000 Kilometer hin und zurück durch die
Wüste in das Nachbarland Bahrain fahren. An der
Grenze einU-Turn und wieder zurück. Naja, die Sprit-
kosten waren das gering-
ste Problem bei circa acht
Eurocent pro Liter – und
der Weg auch ganz ein-
fach: am Hotel links auf
den Highway, und nach
sechs Stunden war man in
Bahrain. Die fehlende Ar-
beitserlaubnis war auch
kein Problem, weil wir
durch unseren Auftrag-
geber, die ADA, direkt für
die Regierung arbeiteten.
Mit unserer Ausrüstung waren wir in Riad angekom-
men
.
Bislang bestand das Team vor Ort in Riad aus
Landschaftsarchitekten, Landschaftsgärtnern und
Technikern, die im Büro saßen oder als Supervisor
Arbeitergruppen, meist aus Bangladesh, Indien und
den Philippinen, beaufsichtigten und anlernten: in
denBereichenGrünflächenpflege, Baumpflege, Stra-
ßenbau und Bewässerung. Mit uns wurde erstmals
ein Team von Baumkletterern in das Land eingeflo-
gen, nachdemeinKollege vonuns,
SebastianGraetz
,
dort das erste Mal Anfang 2013 Baumklettern zur
Sprache gebracht und gezeigt hatte, wasmit Seilklet-
tertechnik möglich ist. Wir sollten als kleines Team
zusammen mit zwei Bodenmännern die bisherige
Baumpflege unterstützen – diese wurde vorher nur