Kletterblatt 2014 - page 101

Ausland
Report
Landesgrenze Saudi-Arabien zur USA, die es so si-
cherlich nur einmal auf derWelt gibt. Doch alles ging
gut. Umstellt von vier saudi-arabischenPolizeiwagen
und unter den wachsamen Blicken des US-Sicher-
heitsdienstes auf der anderen Seite der Mauer klet-
tertenwir durch die Bäume. Ab und zu sahenwir, wie
sich die Kameras auf uns richteten. Zum Schluss
noch mit der Stangensäge die Feinäste aus demNA-
TO-Draht lesenund ab zumPool ... Ein ganz normaler
Arbeitstag imBotschaftsviertel von Riad!
Arbeitssicherheit und Absperrung wurden nicht so
groß geschrieben,
z. B. bei den Bäumen, die direkt
über der Straße einzukürzen waren. Versuchten wir
mit ein paar Absperrkegeln, so gut es ging, einen Ge-
fahrenbereich zumarkieren, stellte sich einer der Ar-
beiter an den ersten Kegel und versuchte, der Auto-
wellemit wedelndemrotenHalstuchHerr zuwerden.
Mehrfachwurden dieKegel imdichtenVerkehr über-
und umgefahren. Immer wieder mussten die Boden-
männer wegspringen, um sich in Sicherheit zu brin-
gen.Wir versuchten, größere Astabschnitte so hinter
denKegeln zu platzieren, dass die Fahrer beimÜber-
fahren der Kegel wenigstens auch ihre Karre demo-
lierten. Das half ein wenig. Auf einer anderen Bau-
stelle, der King Fahad Road, einer innerstädtischen,
sechsspurigen, autobahnähnlichen Straße, mussten
einige Kollegen zusammen mit Arbeitern das Licht-
raumprofil schneiden. Alles über laufendemVerkehr.
Das lief so ab: EinArbeiter sägtemit der Stangensäge
denAst an, dannwurde es kurz hektisch und laut, ein
zweiter zog kurz vor demDurchschnitt mit einer an-
deren Stange daran und in einer kleinen Verkehrslü-
cke undmit viel Gebrüll wurde der Trennschnitt voll-
zogen und der Ast über den Autos hinweg in den
Grünstreifen gezogen. Im nächsten Moment raste
dort wieder ein Auto mit 120 Sachen vorbei. Leider
kam es dort immer wieder zu schlimmen Unfällen,
bei denen Arbeiter überfahren wurden.
Bei meinen Ausflügen am freien Freitag in die Sand-
und Steinwüsten lernte man auch eine ganz andere
Seite des Landes kennen.
Wennman, wiewir, keiner-
lei Interesse daran hat, einer öffentlichen Hinrich-
tung beizuwohnen, wo Verurteilten unter demJubel
der Menge mit einem Schwert der Kopf vom Körper
abgetrennt wird, fuhr man lieber wenige Kilometer
aus der lauten Millionenstadt Riad heraus. Schnell
war man in unendlichen Sand- und Schotterebenen,
großen roten Sanddünen, in riesigenCanyons und an
mehrerenhundertMeter hohenAbbruchkanten.Weit
und breit kein Mensch zu sehen. Immer wieder fuh-
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