kletterblatt 2014
        
        
          
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          Forschung
        
        
          Report
        
        
          proben nötig, was bei frei lebenden Tieren oft schwer
        
        
          realisierbar ist. Haarproben hingegen spiegeln das
        
        
          mittlere Stressniveau der letztenMonate (Schimpan-
        
        
          sen) oder gar Jahre (Orang-Utans) wider. Für Lang-
        
        
          zeit-Stressmessung benötigen wir so nur noch eine
        
        
          ProbeproTier,was eine erhebliche logistischeErleich-
        
        
          terung darstellt. Außerdem sind Hormone in Haaren
        
        
          sehr stabil, sodass die Haarproben – imGegensatz zu
        
        
          Kot- oderUrinproben–weder gekühlt nochgetrocknet
        
        
          werdenmüssen, was die Anwendung imFreiland un-
        
        
          abhängig von der Stromversorgungmacht.
        
        
          Da Menschenaffen wie Schimpansen täglich neue
        
        
          Schlafnester bauen, können wir die Haare zudem
        
        
          nicht nur in Gefangenschaft, sondern auch im Frei-
        
        
          land nicht-invasiv sammeln. Selbst das mittlere
        
        
          Stresslevel von Tieren, die nicht an den Menschen
        
        
          gewöhnt (nicht habituiert) sind, kann auf dieseWei-
        
        
          se eingeschätzt werden. Dieswollenwir dazu nutzen,
        
        
          den Einfluss verschiedener Stressfaktoren, wie zum
        
        
          Beispiel Ökotourismus, selektiven (illegalen) Holz-
        
        
          schlag oder das Leben in einemfragmentiertenWald,
        
        
          auf Schimpansengruppen zuuntersuchen. DieseFor-
        
        
          schung soll dazu beitragen, dass Maßnahmen zum
        
        
          Schutz und Management von freilebenden Schim-
        
        
          pansen und Orang-Utans besser auf die realen Be-
        
        
          dürfnisse der Tiere abgestimmt werden können.
        
        
          Mittlerweile ist das Projekt gut vorangekommen.
        
        
          Eine Veröffentlichung zur Validierung der Methode
        
        
          steht kurz bevor und 2012 konnten bereits Haarpro-
        
        
          ben von drei Schimpansengruppen gesammelt wer-
        
        
          den, um folgenden Fragen nachzugehen:
        
        
          
            1. Steigert der selektive illegaleHolzschlag das
          
        
        
          
            Stressniveau von Schimpansen?
          
        
        
          DieWaldreservate Bugoma undWambabya liegen in
        
        
          Uganda, östlich des Albertsees. Obwohl der Bugoma-
        
        
          Wald mit rund 400 Schimpansen nach dem Kibale-
        
        
          und dem Budongo-Wald die drittgrößte Population
        
        
          des Landes beherbergt und offiziell unter Schutz
        
        
          steht, sind die Spuren des illegalen Holzeinschlags
        
        
          allerorts sichtbar.
        
        
          Ähnlich sieht die Situation imnahegelegenenWamb-
        
        
          abya-Wald aus. Durch den Holzeinschlag wird nicht
        
        
          nur der Lebensraumder Schimpansen immer weiter
        
        
          verkleinert, es ist auch anzunehmen, dass das Baum-
        
        
          fällen an sich, die dabei entstehendenGeräusche und
        
        
          die Präsenz der Menschen den Schimpansen direkt
        
        
          und indirekt Stress zufügen. Nachdem ein Baum ge-
        
        
          fällt ist, meiden die Tiere das entsprechende Gebiet
        
        
          meist für mehrere Wochen, was wiederum die Nah-
        
        
          rungssuche enormeinschränken und unter Umstän-
        
        
          den zuKonfliktenmit anderenSchimpansengruppen
        
        
          führen kann. Daniel C. Hänni, der Gründer und Ge-
        
        
          schäftsführer des JGI Schweiz, leitete bis ins Jahr
        
        
          2012 Feldforschungen, die uns das Aus-
        
        
          maß der Zerstörung des Waldes
        
        
          und die damit einhergehenden
        
        
          Probleme erkennen lassen. In
        
        
          diesemZusammenhangwurden
        
        
          auch Nestzählungen zum Ab-
        
        
          schätzen der Größe der Schim-
        
        
          pansenpopulationdurchgeführt.
        
        
          Auf diese Daten konnten wir
        
        
          zurückgreifen, als wir im
        
        
          Januar 2012 mit dem
        
        
          Stressprojekt began-
        
        
          nen. Dafür sammel-
        
        
          te unsere Wissen-
        
        
          schaftlerin Esther
        
        
          Carlitz vor Ort