kletterblatt 2014
        
        
          
            86
          
        
        
          Schnitt
        
        
          
            gut
          
        
        
          
            Stefan Bilharz
          
        
        
          Der Endzweck
        
        
          der Künste ist:
        
        
          Vergnüge
        
        
          n
        
        
          (Gotthold Ephraim Lessing)
        
        
          Da hängen sie wieder: die blü-
        
        
          henden Apfel-, Kirschen- und An-
        
        
          dersbäume in den Kalendern.
        
        
          Zuhauf schmücken sie, geschenkt
        
        
          von Apotheken, Sparkassen und
        
        
          Bioläden, die Wohnzimmer, Kü-
        
        
          chen und andere Arbeitszimmer.
        
        
          Es ist erstaunlich, dass die Men-
        
        
          schen zuhause sich an schönen
        
        
          Bäumen erfreuen, aber in ihren
        
        
          Gärten und Städten verstümmel-
        
        
          te und verschnittene Bäume er-
        
        
          tragen, ja wünschen. Ein per-
        
        
          fekter Baumschnitt ist Kunst,
        
        
          Kunst ist Vergnügen (Lessing),
        
        
          der verwordakelte Baummüsste
        
        
          eigentlich Leid sein.
        
        
          Verworda-
        
        
          kelt, österr.: verschandelt.
        
        
          Aber
        
        
          genug des Klagens, das Schnitt-
        
        
          gut wurde in dieser Ausgabe an
        
        
          den Rand gedrängt, der Kunst
        
        
          und des Gewinnspiels wegen.
        
        
          Den Gewinn wollte ich eigentlich
        
        
          abschaffen, wegen Lao Tse:
        
        
          „Schafft den Gewinn ab, so wird
        
        
          es keine Diebe und Räuber mehr
        
        
          geben.“ Diesmal noch nicht, viel-
        
        
          leicht das nächste Mal.