Kletterblatt 2014 - page 84

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B
ei Petzl war man schnell infor-
miert: Bereits nach wenigen
Stunden erfuhren die Zentrale im
französischenCrolles und auchder
Deutschlandvertrieb von demVor-
gang. Zu den Petzl-Sicherheits-
standards gehört es, schnellstmög-
lich – auch entgegen wirtschaft-
licher Interessen – zu reagieren,
wenn in der Sport-, Baum- oder
Industriekletterszene ein Vorfall
mit einem Produkt gemeldet wird.
Als führender PSA-Hersteller und
Kletterausrüster ist man sich sei-
ner Veranwortung für hunderttau-
sendeAnwender jederzeit bewusst.
Deswegen ist Petzl in seinen Ziel-
branchen sehr gut vernetzt. Multi-
plikatorender jeweiligenBranchen
gehören zum Mitarbeiterkreis
möglichst jedes nationalen Ver-
triebs: Im Klettersport sind dies
Bergführer oder Lehrteammit-
gliederderAlpinenVereine. Impro-
fessionellenSegment aktive Indus-
trie- und Baumkletterer, die zu-
gleich verantwortungsvolle Posi-
tionen in Fachverbänden wie bei-
spielsweise dem Fisat bekleiden.
Erst die gebündelteKompetenzaus
all diesenBereichen vertikaler Ak-
tivitätenmacht Petzl so innovativ.
ImFall des australischen ZigZags
verlief die Kommunikationskette
bei Petzl wie folgt: AmMontag den
17. März postete der australische
Die hohen Ansprüche der Firma Petzl
beimQualiltätsmanagement
Blick
hinter
die
Kulissen
ImMärz kam es zu Diskussionen in diversen Internetforen: Ein australischer Baumkletterer hatte ein Bild von einem
Petzl-ZigZag gepostet, auf dem ein Haarriss in einem Kettenglied zu sehen war. Schnell machte die Nachricht die
Runde um den Globus. Denn anfangs war nicht klar, ob der Riss durch eine Fehlbedienung oder durch einen Produk-
tionsfehler entstanden war.
Baumkletterer das Bild seines Zig-
Zags bei Instagram. Wenige Stun-
den später erfuhr der australische
Petzl-Vertrieb über seinNetzwerk
davon und kontaktierte den Klet-
terer, um zunächst in einem Ge-
sprächmehr über die Hintergrün-
de des Vorfalls zu erfahren.
Der Vertrieb bat den Nutzer, das
ZigZag abholen zu dürfen, umes in
die französische Zentrale zu schi-
cken. Wenige Tage später traf das
ZigZag in Crolles ein, so dass es in
der Petzl-Forschungsabteilung
und imTestlabor „V.Axess“ einge-
hend untersucht werden konnte.
Als die Untersuchungsergebnisse
feststanden, gab Petzl umgehend
Handlungsempfehlungen an die
Nutzer heraus.
All diebeschriebenenMaßnahmen
sind der zweite Schritt eines um-
fassenden Risikomanagements.
Damit es erst gar nicht zuVorfällen
inderAnwendung kommt, verfolgt
Petzl schon in der Entwicklung
und Herstellung seiner Produkte
höchste Sicherheitsstandards. Die
Ingenieure machen sich unter
anderem auch Gedanken über
mögliche Fehlanwendungen und
Off-Label-Use ihrer Produkte. Ein
Grundsatz lautet zudem: KeinPro-
dukt verlässt ungetestet das Haus.
Zu diesem Zweck unterzieht Petzl
jeden fertigen Karabiner einem
Zugtest, indemseineBelastbarkeit
überprüftwird. AuchBestandteile,
die von Zulieferern bezogen und
dort bereits getestetwurden, testet
Petzl erneut stichprobenartig auf
eigene Kosten: Aus angelieferter
Seilware wird beispielsweise alle
500 Meter ein Stück herausge-
schnitten, das bis zur Zerstörung
belastet und die Bruchlast gemes-
senwird.
Jedes Endprodukt wird zudem
nicht nur auf Sicherheit, sondern
auch auf Nutzerfreundlichkeit
überprüft. Alle Karabinerschnap-
per etwa werden von Hand ge-
testet, ob sie sauber schließen.
Und zu guter Letzt wird die Ware
auch bei Verlassen der Produktion
noch einmal kontrolliert: Nach
dem Verpacken mehrerer Artikel
ineinenKartonwirddieser auf das
Grammgenau gewogen. Nur wenn
er genau aus dem Sollgewicht der
Summe aller Bestandteile besteht,
gibt ihn ein Computer für das Ver-
sandlager frei. Ist beim Zusam-
menbau eine einzige Komponente
vergessen worden, zum Beispiel
eine kleine Niete, merkt dies die
Waage sofort – die Ware wird das
Werk dann niemals verlassen.
Nils Beste
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