kletterblatt 2011
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Aufstieg
Technik
D
ie Footlock-Technik kam nicht in Fra-
ge, weil das Seil mit demFuß ab 20Me-
ter kaumnoch aufgenommenwerden kann
undweil dieMuskelnwegender vergleichs-
weise kurzenRuhephasen bei dieser Tech-
nik schnell ermüden. (Kletterblatt 2010, S.
21). Außerdem war da noch das Problem
mit dem Gewicht der Zusatzausrüstung,
die auf den Baum mitgenommen werden
musste. Ein dynamischer Bewegungsab-
lauf durch Astwerk hindurch, mit zusätz-
licher Ausrüstung von 20 kg undmehr, wie
sollte das funktionieren?
Sicher, man hätte in den Arbeitsbäumen
über Seilzüge den notwendigen Ballast
nach oben ziehen können. Aber wer trägt
schon stundenlang die dafür notwendigen
200-Meter-Seile bergauf und bergab durch
unwegsames Waldgebiet? Außerdem gibt
es in den uralten, knorrigen und riesigen
Mammutbäumen viele Stellen, wo sich
die Ausrüstung beim Heraufziehen
verhaken kann. Man ist da nicht eben
mal schnell hoch und runter geklettert
und die Sichtweite ist in der Astzone
dieser Giganten mit den gewaltigen
Astdurchmessern inStammnähe ge-
ring. Das erfahrene Forscherteam
hatte eine einfache wie geniale Lösung.
Dazu gleichmehr.
Hubert Kowalewski hattemir in der Vor-
bereitungsphase nahegelegt, seine bereits
vor 20 Jahren entwickelte und immer noch
bevorzugte Aufstiegstechnik einzusetzen.
Er demonstrierte und erklärte mir seine
Technik und er sorgte auch für einmaßge-
HUBI-
Aufstieg für die Großen
Im Bericht „Ganz oben – Mein Weg zur Spitze“ habe
ich von meiner Sorge berichtet, meine Kondition
könnte für Aufstiege von nahezu 100 Metern nicht
ausreichen. Wenn ich mich als Inhaber der Münch-
ner Baumkletterschule nicht blamieren wollte,
musste ich Muskeln zulegen, Körper-
gewicht reduzieren und brauchte
eine möglichst kräfteschonende
Aufstiegstechnik.
schneidertes Setup der Verbindungsmittel.
Einen Namen für diese Technik hatte er
nicht.Weil es eine typischeHubert-Lösung
war undeineneffizientenunddynamischen
Bewegungsablauf ermöglichte mit Ruhe-
pausen fast wie in einemPersonen-Aufzug,
habe ich der Technik denNamenHubi-Lift
gegeben.
Hubi-Lift benötigt zwei unabhängige
Steigklemmen. Die obere Handsteigklem-
me ist mittels PSA-Schlinge amGurt befe-
stigt. Entscheidend ist hier die richtige
Länge des Verbindungsmittels! Als untere
Klemme verwendet Hubert die Basic von
Petzl, in die er (elegant gelöst) eine Fuß-
schlinge eingenäht hat. Die untereKlemme
sollte unter Spannung zur Fußschlinge et-
was über Kniehöhe hängen. Bei beiden
Klemmen sichert einKarabiner denSeilka-
nal. Das Besondere an dieser Technik sind
neben der Einfachheit des Systems die
große Bewegungsfreiheit und die nur
kurzenMomente notwendiger aber gut ver-
teilter Muskelarbeit. Gleichzeitig bietet
diese Technik einen hohen Komfort durch
ihre rhythmischenErhol-Phasen – und das
ohneWegverlust.
Das Kletterprinzip bei frei hängendem
Aufstieg: UntereKlemmenachobenzie-
hen bis das Bein angewinkelt ist (Fuß
hebenundmitHandKlemme hochfüh-
ren oder Seillift verwenden. Den zwei-
ten Fuß auf den Fuß in der Schlinge
stellen (wie beimFootlock). Die Arme
sind fast gestreckt, eineHand greift
die Steigklemme imGriff, die zwei-
te Hand greift die Steigklemme an
der Rückseite. Jetzt unter Zug der
Arme aufstehen, um die Mus-
kelarbeit auf Arme und Beine
zu verteilen und genau im
Moment der Beinstreckung
die obere Steigklemme
schnell bis zur Spannung
des Verbindungsmittels
nach oben schieben, in
den Gurt setzen, je
nach Bedarf entspan-
nen und wieder von
vorne.
Lift