Kletterblatt 2011 - page 13

kletterblatt 2011
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Report
Klettern im Mamut
2.500MeternHöheweg ist.Wie buchtman einenFlug
in dieUSA, wenn der Reisetermin erst kurzfristig be-
kannt gegeben wird? Das kann ein Vermögen kosten.
Aus Kalifornien gab es nur spärliche Infos über das,
was uns erwartenwürde oder was als unbedingt not-
wendiges Expeditionsgepäck mitzubringen sei. Die
Geschäftstermine, die Alltagsplanung: alles unter
Vorbehalt. Eine Zeit im Konjunktiv, untergeordnet
demWunsch, ganz oben zu stehen.
Schwierig waren auch die körper-
lichen Vorbereitungen. Welche Kondi-
tion benötigt man für die Strapazen in
den Wäldern und auf den Bergen der
SierraNevada. Früher wäre diese Fra-
ge lächerlich gewesen. Früher, als die
Muskeln, die man als Baumkletterer
benötigt, noch voll durchtrainiert wa-
ren. Doch heute protzen dieMuskeln in
den 10Fingern und ganz besonders die
im Zeigefinger, der durch die Arbeit
mit der Maus am Schreibtisch beson-
ders ausgeprägt ist. Deshalb war Trai-
ning angesagt, und ich versuchte, ne-
ben einem 16 Stunden-Tag, mir immer wieder Zeit zu
nehmen, umRad zu fahren, zu laufen, oder am12Me-
ter hohenRigg-Gerüst vor unserer Firma denAufstieg
zu trainieren. Doch es gab jedenTag neue Gründe, die
meinen Eifer bremsten.
Deshalb beschloss ich, zweigleisig zu fahren. Wenn
der Muskelaufbau nur langsam vorankommt, dann
mussten ebenKilos verschwinden.Weniger Gewicht,
weniger Kraftaufwand und damit weniger Muskeln,
die notwendig sind, das Gewicht in die Höhe zu brin-
gen. 10 Kilo weniger habe ich mir vorgenommen, am
Endewaren es 7, immerhin. DerMuskelzuwachs hielt
sich inGrenzen, war aber doch so hoch, dass sichmein
physisches Wohlbefinden deutlich verbesserte.
Schon alleine das wäre dieMühenwert gewesen.
Wennman solch einmaligeDinge vor sich hat, denkt
man an alles Mögliche, was den Traum zum Platzen
bringenkönnte: Vulkanasche, Krankheit, Flug verpas-
sen, Einreise verweigert, Ausweis vergessen und
vielesmehr. Und dann passierte es: BeimExperimen-
tierenmitmeinemAufstiegssystemprobierte ich eine
neue Technik aus. Schnell, unkonzentriert, im Glau-
ben daran, alles zu überblicken und ohne die übliche
Sicherheitsroutine. Ich rutschte am Seil ab und
bremste den Sturz mit bloßen Händen ab. Wo waren
die sonst üblichenHandschuhe?Von 10Fingernwaren
8Fingerverbrannt, teilweisedrittenGrades.Aneinigen
Stellenwaren die Sehnen angegriffen. Als ich aus der
Notversorgung derKlinik entlassenwurde, warenbei-
deHände und sämtliche Finger einzeln eingebunden.
Mir war klar, das war´s! Aus der Traum. Doch ich
wollte zumindest die Bäume sehen und beschloss, die
Reise nicht abzusagen. Mein Training musste ich
zwar einstellen, aber die Medizin und der kompro-
missloseWille dabei zu sein hatten Erfolg. Zwei Tage
vor demAbflug habe ich einenTest riskiert. Und siehe
da, zumindest die kurze Strecke von 12Meternkonnte
ich mit Verband und Steigklemmentechnik ohne
Schmerzen bewältigen. Jetzt wollte ich natürlich
nicht nur als Zaungast dabei sein.
Endlich Ankunft in Kalifornien. Der
Ort der Untersuchungsflächenmit den
Mammutbäumen sollte geheim blei-
ben. Deshalb hatten wir erst kurz vor
demAbflug dieKoordinaten des Treff-
punktes bekommen. Erreichenkonnten
wir das Forscherteamnun nicht mehr,
denn Telefonverbindung gab es nicht
und ein Mobilfunknetz ist in denWei-
ten der Sierra Nevada selten vorhan-
den. Was, wenn wir nun den Ort nicht
finden sollten, falsche Koordinaten,
falsche Zeit, aus der Traum, Mammut-
bäume ade!
ng
Abgebrochene und eingefaulte
Baumspitzen gehören
nach 1000 Jahren dazu.
Einsatzplanung amMorgen.
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