kletterblatt
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Thema
Jeder Baumbesitzer muss die Verkehrs-
sicherheit seines Baumes gewährleisten;
unklar ist nur, bis zu welchem Punkt er
die Verkehrssicherheit gewährleisten
kann. Mit regelmäßiger Baumkontrolle
durch einen Baumkontrolleur ist er je-
doch auf der sicheren Seite und dem
engagierten Baumpfleger eröffnen sich
neue Möglichkeiten.
Wenn Schäden durch Bäume verursacht
werden, stellt sich im Zusammenhang mit
der Haftung meistens die Frage nach der Vor-
hersehbarkeit des Schadereignisses. Denn
deuten Anzeichen auf eine Bruch- oder Wurf-
gefahr hin (vorhersehbare Schäden), müssen
umgehend Maßnahmen zur Gefahrenbeseiti-
gung ergriffen werden. Diese Verkehrssiche-
rungspflicht hat in erster Linie der Baumei-
gentümer. Sie basiert auf der Grundlage des
§ 823 BGB (Schadensersatzpflicht) und ist die
Hauptmotivation dafür, dass Bäume regelmä-
ßig kontrolliert werden.
Über die Vorgehensweise bei solchen Re-
gelkontrollen, aber auch über deren Umfang
und die Häufigkeit, bestand in der Praxis oft
eine große Verunsicherung. Lange Zeit waren
für diese Kontrollen zur Verkehrssicherheit
sehr unterschiedliche Begriffe im Sprachge-
brauch. So wurde u. a. von Sichtkontrolle,
Baumkontrolle, Baumschau, fachlich qualifi-
zierter Inaugenscheinnahme, Baumdiagnose
oder Baumuntersuchung gesprochen, häufig
ohne die Begriffe zu definieren oder gegen-
einander abzugrenzen. Seit 2004 ist durch
die FLL-Baumkontrollrichtlinie ein einheitlicher
Leitfaden für die Überprüfung der Verkehrs-
sicherheit verfügbar, welcher u. a. wichtige
Parameter wie Umfang, Häufigkeit und Zeit-
punkt von Baumkontrollen festlegt und defi-
niert. Ausgangspunkt für die Bewertung sind
der individuelle Baumzustand und die Sicher-
heitserwartung am Standort. Das Manage-
ment zur Pflege und Erhaltung von Gehölzen
umfasst nicht nur die Beurteilung der poten-
ziellen Gefahrenlage. Entscheidend ist, dass
der Baumkontrolleur Maßnahmen vorschlagen
kann, die die Sicherheit gewährleisten oder
wiederherstellen und dabei auch den lang-
fristigen Erhalt des Baumes fördern. Er muss
deshalb über ein gehölzspezifisches Grund-
wissen verfügen und entsprechende Fertig-
keiten für eine fachlich qualifizierte Bauman-
sprache und -kontrolle besitzen.
Wenn private oder öffentliche Baumeigen-
tümer, die in der Regel kein biologisches oder
baumstatisches Spezialwissen haben, die Baum-
kontrolle an Fachkräfte vergeben, ist die Fach-
kompetenz ein wichtiges Auswahlkriterium.
Die fachliche Eignung für eine qualifizierte
Baumkontrolle kann in der Regel durch ent-
sprechende Qualifizierungen wie Baumsach-
verständiger, Fachagrarwirt oder European
Tree Technician nachgewiesen werden. Darü-
ber hinaus haben externe Seminare und Fort-
bildungen, bei denen die Teilnehmer zu den
speziellen Schwerpunkten der Baumkontrolle
geschult und weitergebildet werden, eine zu-
nehmende Bedeutung. Um auch hier eine
Transparenz der Fachkompetenz zu ermögli-
chen, wurde durch die FLL die Ausbildung
zum Zertifizierten Baumkontrolleur etabliert.
In einem Kooperationsprojekt bietet die
Münchner Baumkletterschule gemeinsam mit
dem Sachverständigenbüro Baum & Land-
schaft sowie dem Dendro-Institut Tharandt e.
V. an der TU Dresden die Ausbildung und Prü-
fung zum FLL-Zertifizierten Baumkontrolleur
an. Mit Referenten aus Wissenschaft und Praxis
werden in fünf Modulen alle wesentlichen
Themen behandelt und in Übungen differen-
ziert vertieft (vgl. Kursangebot Seite 56):
Ausbildung und Prüfung zum Zertifizierten Baumkontrolleur
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