Kletterblatt 2008 - page 98

Thema
dass der Teilnehmer einen
neuen Job gefunden
hatte. Also kein Interesse
mehr am Kletterkurs. Jetzt
liefen die Telefone heiß, um
Ersatz zu bekommen. Lettland ist klein, irgend-
wie scheinen sich dort alle zu kennen, aber
Ersatz wurde dennoch nicht gefunden.
Wie bei den meisten Auslandsjobs war
auch hier die Verständigung nicht ohne Pro-
bleme. Eigentlich sollten alle englisch sprechen,
zwei konnten das nicht, dafür jedoch etwas
Deutsch. Die Kommunikation war deshalb
nicht gerade fließend, und oft diskutierten
die Teilnehmer untereinander und ich bekam
nur das Ergebnis mit. Immerhin. Und wenn
mal gar nichts mehr half, konnte ich mit einem
der Teilnehmer noch norwegisch sprechen.
In Deutschland mischt die BG auch in der
Kletterausbildung kräftig mit. In Lettland ist
dies nicht der Fall, auch weil die SKT noch nicht
weit verbreitet ist. Also hatte ich einen spezi-
ellen Ausbildungsplan erarbeitet, mit wenig
VSG, dafür mit viel Praxis. Dank
freeworker
hatten wir genügend Ausrüstungsmaterial
und was fehlte,hatte ich mitgebracht. Wir be-
gannen den Kurs mit Materialtechnik und Auf-
stiegstechniken aus SKT-A und SKT-B Kursen.
Danach ging es stramm zu Peripherieklettern,
Arbeitspositionierung und Handsägeneinsatz.
Die Handsägendemonstration beeindruckte
auch die lettischen Kursteilnehmer. Weiter ging
es mit Rettung. Die Kursteilnehmer waren sehr
interessiert und aktiv dabei. So waren die Tage
zwar lang und anstrengend, aber auch sehr
kurzweilig. Eine Prüfung fand nicht statt. Wir
nutzten die Zeit zum Klettern, Schneiden und
zum Gespräch über Klemmknoten, Lockjack,
Spiderjack oder Schnittführung. Abends wurde
im Hotel weiter diskutiert, nicht nur über Seil-
klettertechnik. Die Letten behaupten z. B. un-
sere Sauna sei lediglich ein warmer Raum. Das
kann ich jetzt bestätigen. Dort ist Sauna Ereig-
nis, Kultur, Arbeit, Genuss und Philosophie
gleichermaßen; ein unvergessliches Erlebnis.
Die Tage vergingen zu schnell und plötz-
lich war der Abreisetag da. Ich habe die Gast-
freundschaft und das Land genossen. Dort
passiert etwas. Wäre ich ohne Familie, hätte
ich hier vielleicht alle Zelte abgebrochen und
wäre nach Riga gegangen.
Nach wie vor bin ich in Kontakt mit den
Kursteilnehmernn und sobald meine Kinder
größer sind, werde ich wieder nach Lettland
fahren. Dann, um Freunde zu besuchen und
Urlaub zu machen. Auf jeden Fall ist Lettland
eine Reise wert. Dank Frau Stockrahm und
der Münchner Baumkletterschule war mein
Aufenthalt mehr als nur eine Reise.
Der Autor
Jürgen Unger
Dipl. Ing., Baumpfleger und Ausbilder
Inhaber von Eichhorn Baumpflege
Immer wieder kommt es zu Unfällen bei Baumpflegearbeiten.
Dass Baumarbeiten sehr unfallträchtig sind, ist bekannt.
Nicht nur bei der SKT wird von allen Anwendern viel Sorgfalt
und die strikte Einhaltung von Sicherheitsvorschriften ver-
langt. Auch das Bodenpersonal ist gefordert. Ein tödlicher
Unfall ereignete sich an einer mit Hochspannung betriebenen
Strecke der Bundesbahn. Der 23-jährige Bodenmann Alex-
ander K. kam mit seiner Stangensäge bei Entastungsarbeiten
an die Stromleitung. Sein Arbeitgeber erhebt schwere
Vorwürfe an die Betreiber. Nach einer Unterweisung sei ein
Sicherheitsabstand von 1,5 m als ausreichend angesehen
worden. Auch das Aufsichtspersonal des Betreibers habe
keine Veranlassung gesehen, den Strom abzuschalten. Viele
weitere Ungereimtheiten und Versäumnisse scheinen mit im
Spiel zu sein. Die polizeilichen Ermittlungen haben noch kein
abschließendes Ergebnis erbracht.
Unabhängig von der Schuldfrage kann nur immer wieder
betont werden, wie wichtig die Gefährdungsermittlung auf
der Baustelle ist. Die Verantwortung des Aufsichtsführenden
kann nicht ernst genug genommen werden.
Alexander K. hinterlässt eine Verlobte und eine kleine Tochter.
Die Kollegen haben ein Spendenkonto eingerichtet. Mehr
Infos erfahren Sie direkt bei Bremer Baumdienst in 28876
Oyten oder per Mail:
.
Unfall bei Baumpflegearbeiten
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