kletterblatt
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Thema
Erst wieder beim Rück-
flug. Aber diesmal nicht
wegen unserer Ausrüs-
tung: bei einem Zwi-
schenstopp in Peking
machten uns die Si-
cherheitsbeamten große
Schwierigkeiten. Nicht wegen unserer
diversen Messer und Klingen, sondern wegen
eines in Korea gekauften Glücksbringers, der
sich im Handgepäck befand. Es handelte sich
um einen Drachen, der komplett aus Metall
bestand und so geformt war, dass er, mit der
entsprechenden bösartigen Energie, als Waffe
zu benutzen gewesen wäre. Weil unser Eng-
lisch nicht gerade das Beste ist, leisteten wir
mit Händen und Füßen Überzeugungsarbeit,
um das eigentlich harmlose „Tier“ doch noch
mit nach Deutschland nehmen zu dürfen.
Mittlerweile ziert er unser Büro.
Nahost
Das Jahr 2008 begann viel versprechend mit
einem weiteren Auslandsauftrag. In der zwei-
ten Jahreshälfte 2007 hatte uns ein Kletterer
angerufen, der noch eine Ausbildung zum In-
dustriekletterer machen wollte. Einen Auftrag
hatte er auch schon: gleich nach absolviertem
Grundkurs sollte er an einem 50 m hohen Ge-
bäude Glasreinigungsarbeiten durchführen.
Wir schluckten erst einmal und berieten ihn
ausführlich zu den Ausbildungskursen. Danach
erklärten wir ihm jedoch, dass solche Arbeiten
zuerst von einem aufsichtsführenden Höhenar-
beiter professionell geplant werden müssen,
bevor sich ein „Level-1er“ einfach mal so eben
an eine Fassade hängen kann. Ihm wurden die
möglichen Gefahren klar und so bat er uns,
die Aufsicht für diese Baustelle zu überneh-
men. Es gäbe dabei nur eine Kleinigkeit zu
bedenken: das Gebäude stehe in Dubai. Im
Vergleich zu anderen Einsatzorten ei-
gentlich relativ nahe, und viel Zeit zum
Planen. So saßen wir, nach erfolg-
reicher Termin- und Preisverhandlung,
Anfang 2008 im Flugzeug nach Dubai.
Vor dem Abflug
Die besonderen Herausforderungen bei sol-
chen Einsatzorten gehen schon beim Packen
los. Das Gepäck ist in der Regel auf 20 Kilo
begrenzt und schon 6 Kilo Übergepäck verur-
sachen erhebliche Kosten. Man ist daher gut
beraten, so wenig wie möglich, aber so viel
wie nötig einzupacken. Jeder Kletterer weiß,
dass eine Grundausrüstung mit zwei 65 m
Seilen schon locker auf 20 Kilo kommt. Und
damit können noch nicht einmal unerwartete
Gegebenheiten gemeistert werden.
Außerdem braucht man neben der Kletter-
ausrüstung auch noch Arbeits- und Privatklei-
dung. Da hilft nur ein ausgeklügeltes Packsys-
tem und zusätzlich muss jeder bereit sein, zu-
gunsten des Arbeitsmaterials auf einen Groß-
teil seiner persönlichen Sachen zu verzichten
– außer der Kreditkarte natürlich!
Zusammenfassend können wir sagen, dass
jeder Auslandseinsatz aufgrund der oft kurz-
fristigen Planung im Vorfeld mit viel Aufre-
gung und Stress verbunden ist. Außerdem
mussten wir während der harten Arbeitsein-
sätze ständig gegen die Zeit und die Müdig-
keit ankämpfen. Trotzdem waren wir nach
der Fertigstellung des Auftrags glücklich und
zufrieden. Es ist ein gutes Gefühl, viel geleis-
tet und erlebt zu haben. Wir werden wieder
fliegen. Egal wohin es geht, wir sind darauf
vorbereitet.
Der Autor
Benedikt Goldbeck
Inhaber von Top-Work-Team und Mitinhaber
der Industriekletterschule Kletterwerk
Als zertifizierter Höhenarbeiter und Höhenretter
arbeitet er im Fisat e. V. im Arbeitskreis Aus-
bildung. Er unterrichtet an der Hamburger Meisterschule in
Fachtechnologie und PSA gegen Absturz.