kletterblatt
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Thema
Die Oberkrone dieser
Buche wird nicht
mehr in ausrei-
chendem Maße ver-
sorgt. Deutlich ist er-
kennbar, dass etwa 4
m unterhalb der
obersten Triebspitzen
die eigentliche dichte
Krone beginnt, die
noch ausreichend
versorgt werden
kann. In einem mehr-
stufigen Prozess
könnte die Krone auf
die leistungsfähige
innere Krone zurück-
genommen werden.
Dieses Naturdenkmal
wurde um ca. 6 m in
nur einem Arbeits-
gang eingekürzt.
Trotzdem sind deut-
lich die jungen Triebe
in der Oberkrone er-
kennbar. Das Pro-
blem in diesem Fall:
dem Baum wurde
schlagartig etwa
50% seiner Photo-
synthesemasse ent-
zogen, was zu einem
massiven Einbruch
im Hormonhaushalt
und zu einer starken
Stressreaktion ge-
führt hat. Alle Reser-
vestoffe wurden in
die Neubildung von Trieben investiert. Da
dieser riesige Baum über große Reserven
verfügt, kann er so einen massiven Eingriff
zwar überleben; werden derartige Maßnah-
men jedoch häufiger wiederholt, droht
dem Baum der Tod in Raten. Hierbei wurde
nicht berücksichtigt, dass im oberen Kro-
nendrittel 2/3 der Nahrung produziert
wird.
Die Folgen eines massiven Rückschnittes
statt eines Retrenchment Pruning sind:
• Austrocknung des Holzes und die Bildung
von Schwundrissen, in denen Pilze und
Mikroorganismen besser vor Austrocknung
geschützt sind.
• Besiedelung großer Wunden durch Pilze
und Mikroorganismen.
• Verringerung der Blattmasse mit der Folge
von verminderter Photosyntheseleistung.
• Eingriff in den Energiehaushalt durch Ent-
nahme von Splintholz, in dem Reservestoffe
gespeichert sind.
• Verlust von Triebspitzen mit der Folge, dass
die hormonell gesteuerten Wachstumsreize
gestört werden, wodurch das Wachstum
beeinträchtigt wird.
Selbstverständlich können Kroneneinkür-
zungen im Rahmen des Retrenchment Pru-
ning auch durch weitere baumpflegerische
Maßnahmen ergänzt werden (Auswahl):
• Mulchauftrag
• Bodenverbesserung
• Zutrittsregelungen für den Wurzelbereich
z.B. durch Absperrungen
• Beschattung von benachbarten Bäumen
zurücknehmen
• Ankratzen der Rinde, um schlafende Augen
zum Austrieb zu provozieren
• Feinastrückschnitte, um Knospenbildung
zu fördern
• Efeutriebe entfernen, die bereits die Äste
überwachsen
Von großer Bedeutung für den Erfolg einer
Rückschnittmaßnahme ist auch die Wahl des
geeigneten Schnittzeitpunktes. Rückschnitte
im frühen Frühjahr haben sich bisher als ge-
eignet erwiesen, da zu diesem Zeitpunkt alle
Nährstoffe und Reservestoffe mobilisiert sind,
aber noch nicht in Blattmasse und Blüten um-
gewandelt sind und keine starken Fröste mehr
zu Rücktrocknungen des Kambiums in den
Wundrandbereichen führen.
Abb. 3
Abb. 4