Kletterblatt 2008 - page 13

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kletterblatt
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Thema
1991 genossen, als ich be-
gann, Baumpflege mit Seil-
klettertechnik zu betreiben.
Eigenverantwortlich arbeiten,
mit teils selbst gebauter und
stetig modifizierter Ausrüstung
klettern, dabei die baumpfle-
gerische Aufgabe gut mei-
stern und permanent auf der
Suche nach effizienten Tech-
niken: es war eine sehr inten-
sive und aufregende Zeit für
mich und andere im Mikro-
kosmos des Baumkletterns.
Dabei war ich von Anfang an
bestrebt, die eigenen Bewe-
gungsabläufe dynamischer
und weniger anstrengend zu
machen und das alles mit
einer Mischung aus Begeiste-
rung, Initiative, Risikobereit-
schaft, Einfallsreichtum und
Selbstvertrauen.
In Augsburg 1998 war ich
mit dieser Vorgeschichte nicht
allein, da gab es durchaus
weitere Exemplare meiner
Gattung. Ich gehörte also
dazu, zum Kreis der Pioniere.
Gleichzeitig hatte ich aber be-
reits hier eine Sonderstellung,
denn es gab niemanden sonst,
der sich wie ich auf den Weg
gemacht hatte, mit allen Kon-
sequenzen Hersteller von PSA
zu sein. Die damit verbun-
denen Reglementierungen
waren nach meinen eigenen
Erfahrungen von Freiheit ein,
sagen wir, notwen-
diges Übel; die gel-
tenden gesetzlichen Be-
stimmungen lange Zeit
ein Handicap. Gerne
hätte ich ein individuell
einstellbares Gerät auf
den Markt gebracht, ganz
so, wie es möglich ist, einen
Machard oder Valdotain
in-dividuell „einzustellen“. Die
Normen erlauben dies aber
leider nicht. In der Rolle des
Herstellers gab und gibt es
zur Zertifizierung auch für
mich keine Alternative.
Bedeutend und maßge-
bend für alle war, dass die Be-
rufsgenossenschaft im Jahre
2001 in Abstimmung mit den
damals kompetenten Prakti-
kern die Seilklettertechnik als
definierte Arbeitstechnik für
die Baumpflege anerkannt
hat. Die Baumkletterer hatten
endlich ihre Anerkennung ge-
funden. Dass mit dieser Aner-
kennung aber gleichzeitig die
Zeit des freien Gestaltens von
Ausrüstung und Techniken in
der professionellen Baumpfle-
ge zu Ende gehen würde,
wollten in dieser Zeit einige
noch nicht wahrhaben. Be-
sonders diejenigen, die sich
mit großem Geschick, Eigen-
verantwortung und Hingabe
im Baumklettern ein hohes
Maß an Effizienz und Sicher-
heit erarbeitet hatten, wollten
sich von niemandem regle-
mentieren lassen. Diese Ein-
stellung war auch völlig nach-
vollziehbar, gab es doch auf
Seiten der Berufsgenossen-
schaft zu dieser Zeit kaum je-
manden, der das Baumklet-
tern in seiner Komplexität
hätte verstehen oder gar
kontrollieren können. Woher
sollten diese Fachleute auch
plötzlich gekommen sein?
Durch die Schaffung von ein-
heitlichen Richtlinien für Ar-
beitsverfahren, Ausbildung,
Kletterschulen und Ausbilder
expandierte hierzulande die
SKT. Durch die notwendig ge-
wordene Normierung verlor
sie zwar mehr und mehr den
Hauch von Exotik, gleichzeitig
setzte aber die Seilklettertech-
nik zu einem rasanten Sieges-
zug in der professionellen
Baumpflege an.
In dem Maße, wie die Ein-
haltung von sicherheitstech-
nischen Vorschriften gefordert
wurde, wuchs das Angebot
an kompetenter Ausbildung
und Spezialausrüstung, was,
wie ich meine, für die über-
wiegende Zahl von Baumpfle-
gern zu mehr Sicherheit, Effi-
zienz und Körperschonung
geführt hat. Hierzu nur ein
Beispiel. Man stelle sich vor,
dass es für den Aufstieg in die
Baumkrone lediglich die Foot-
lock-Technik gäbe, ganz ohne
metallische Geräte. In der
Praxis würde dies zu einem
Seilrolle „Cocoon“
(Gebrauchsmuster 2006,
Serienfertigung 2007)
Seilkürzer
„Positioner“
(mit Lockjack-Prinzip,
Markteinführung 2003)
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