Die Single Rope Technique (SRT) ist aktuell ein Thema, das viele Baumkletterer beschäftigt. Einerseits weil es eine interessante Technik ist, andererseits weil es dafür technische Geräte gibt, die man gerne auch verwenden würde. Bedauerlicherweise ist die Benutzung einiger Geräte, obwohl sie z. T. auf dem Markt sind, inzwischen verboten. Für das Kletterblatt 2019 ordnete Bernhard Schütte, Ausbildungsleiter im Team der Münchner Baumkletterschule, das Thema und analysierte die SRT. An dieser Stelle könnt ihr diesen Text im Original nachlesen.
Es darf gefeiert werden! Das Verbot ist gebrochen?! Welches Verbot eigentlich?
SRT heißt in den meisten Übersetzungen „Single Rope Technique“, also nichts anderes als Einfachseiltechnik. Wenn ich ehrlich bin, habe ich im Baum selten etwas anderes gesehen und benutzt. Ich steige seit langem am stehenden Einfachseil auf und arbeite von Beginn an mit einem einfachen Seil, das in einem Kambiumschoner umgelenkt wird und nur der Bequemlichkeit und Unterscheidung halber „umlaufendes Doppelseil“ genannt wird. Wie doppelt das wirklich ist, weiß jeder, der schon mal versehentlich eine Seite dieses Doppelseils durchtrennt hat und dabei hoffentlich kurzgesichert war.
Klettern an einem Seil
Insofern ist also die Einfachseiltechnik nie verboten gewesen, sondern schon immer das Mittel der Wahl. Ich möchte hier nicht den Besserwisser geben, sondern einfach darauf aufmerksam machen, dass man die im Umlauf befindlichen Parolen immer erst auf ihren Wahrheitsgehalt und ihre tatsächlichen Auswirkungen prüfen muss.
Lassen wir das umlaufende Seil mit dem Kambiumschoner als Einfachseiltechnik aus, dann bleiben die Stehendseilaufstiege auf jeden Fall Einfachseiltechnik im weiten Sinne. Eine ebenso unsinnige wie landläufig verbreitete Parole ist: „Aus dem Aufstiegsseil darf nicht gearbeitet werden!“ Wer soll diese Regel schriftlich aufgestellt haben und wie wäre sie begründet? Die
Rettungsplanung sollte beinhalten, dass Kletterer immer mit einem Seil arbeiten, das bis zum Boden reicht und eine Selbstrettung möglich macht. Im Aufstieg in einer Kombination aus Steigklemmen zu hängen und dann mit der Säge zu arbeiten, wäre für eine schnelle Selbstrettung unvorteilhaft, weil man darin nicht abseilen kann. Wenn der Aufstieg aber mit einem Gerät erfolgt, welches das Abseilen möglich macht, bin ich in Bezug auf die Selbstrettung schon immer dort, wo jetzt auch die SRT im engeren Sinne mit Rope Wrench und Co steht.
Rig oder I’D sind bei der MBKS vor vielen Jahren genau deswegen die Geräte für den Stehendseilaufstieg der SKT-A-Kurse geworden. Klemmen haben damals bestimmt das höhere Geschwindigkeitspotenzial gehabt, aber ein Anfänger fühlt sich sicherer, wenn er jederzeit ohne große Umbauten abseilen kann. Wenn man den Rettungszustieg geklärt hätte, wäre es also schon immer möglich gewesen, auch solche Geräte an mehrfach in der Krone umgelenkten Seilen im Außenbereich zu klettern. Ein entsprechendes Verbot gab es nicht.
Die verbotenen Geräte
Verboten (oder nicht zugelassen) waren und bleiben Geräte ohne entsprechende Prüfung/Norm für ihre definierte Bestimmung in der PSAKette. Diese Einschränkung verhinderte den legalen Einsatz des inzwischen recht weit verbreiteten Rope Wrench und seiner engen Verwandten, nicht etwa ein pauschales Einfachseilverbot. Und wenn die Hersteller von Anfang an genügend Interesse an einer legalen Verbreitung in Europa gehabt hätten, wäre es auch nie zu den vergangenen Ärgernissen gekommen.
Jetzt kann es also für Anwender und Schulen losgehen. Auf der Anwenderseite wurde schon viel Vorarbeit geleistet, während den Schulen die Ausbildung mit den Geräten ausdrücklich untersagt war. Inzwischen ist relativ klar, was SRT im engeren Sinne kann und wo sie hingehört. Im Vergleich zu den herkömmlichen Vorgehensweisen beim Baumklettern wird aber die Rettungsplanung häufig etwas blauäugig betrieben. Darauf zu bauen, dass man den Kletterer einfach an seinem Seil ablassen kann, führt zur Favorisierung des Ankers am Stammfuss und zur Verwendung von einem einzigen Seil. Das Halteseil in der Arbeitsposition, viel Reibung in natürlichen Umlenkungen oder der Aufenthalt des Kletterers in einer Gabel sind nur drei absolut normale Bedingungen, die dieses Rettungskonzept komplett aushebeln.
Die Schulen müssen sich fragen, wie und in welchem Maß die SRT mit den neuen Geräten und Möglichkeiten in die Ausbildung integriert werden kann. Für die nahe Zukunft ist keine durch den Unfallversicherer mit einem Lehrplan geregelte Ausbildung absehbar. Die Technik wird aber bedeutende Anteile des Baumkletterns besetzen. Ganz bestimmt wird der Aufstieg recht bald von eigens für die SRT entwickelten Geräten dominiert werden. Für das Klettern in der Krone werden sich wahrscheinlich weiter technisch und nach persönlichen Vorlieben unscharf abgegrenzte Einsatzbereiche für stehende und umlaufende Seile halten.
Neue Techniken in den MBKS-Kursen
Die Münchner Baumkletterschule wird die neuen Techniken für den Aufstieg am stehenden Seil auf den Kursen einführen. Einen Anfängerkurs, der ausschließlich auf diesen Techniken basiert, wird es vorerst nicht geben. Es gibt mehrere Gründe, die bislang dagegen sprechen. Um die Vorteile der neuen Technik in der Krone wirklich konsequent ausnutzen zu können, wird man viele dünnere Anker-/Umlenkpunkte benutzen, die das Seil frei, reibend oder fest halten. Die Wahl dieser Punkte, der Einbau und die Belastungen bestimmen die Sicherheit des Kletterers. Dafür braucht
man allerdings etwas mehr Erfahrung als zum Beispiel beim Wechselaufstieg am Stamm zum Ankerpunkt in der Oberkrone. Nach unserer Einschätzung ist es sicherer, nach dem A-Kurs einen Kletterer in die Praxis zu entlassen, der noch nicht komplett alle außen und oben liegenden Bereiche im Baum anklettern kann, als einen, der die Technik dafür kennt, sich aber aus Gründen der fehlenden Erfahrung damit in Gefahren bringt, die er nur unzureichend erkennt. Diese Ansicht ist natürlich anfechtbar und stellt nur unsere Meinung zum aktuellen Stand dar.
Die Münchner Baumkletterschule hat viele Ausbilder in ihren Reihen, die schon große Erfahrung mit der SRT und den neuen Geräten haben, und deswegen hatten wir bereits vor der Untersagung einen Tageskurs im Angebot, der interessierten Teilnehmern die neuen Möglichkeiten nahebringen sollte. Klar, dass wir nach der Entspannung der Situation dieses Angebot wieder in unser Programm aufnehmen. Aus den oben beschriebenen Gründen sind eine absolvierte SKT-A-Ausbildung und etwas Praxis im Baum Voraussetzungen für die Teilnahme an dem href=“https://baumkletterschule.de/cms/kursinfo/kletterkurse/einfachseiltechnik-srt/“>Workshop. Das vorgestellte Verfahren soll die echten Vorteile und die daraus resultierenden Einsatzbereiche für die SRT im Umfang der Baumarbeiten vermitteln, ohne dabei auf eine schlüssige Rettungsplanung zu verzichten.
Kursinfos und Anmeldung zum Tageskurs Einfachseiltechnik SRT
Wer also seinen Horizont um eine vielversprechende und sichere Technik erweitern möchte, ist herzlich eingeladen, den Workshop der Münchner Baumkletterschule zu besuchen.
» Dieser Artikel stammt aus dem Kletterblatt 2019, dass sich dem Thema SRT mit mehreren Beiträgen widmet. In einem weiteren Artikel fragten die Kollegen vom Freeworker in einem Interview mit Carsten Beinhoff von der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbauder nach, wie die Berufsgenossenschatft zum Thema steht.