Kletterblatt 2012 - page 94

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in spannendes Projekt habendie
Leute vonNautilusFilmjetzt vor
sich. Sie produzieren derzeit im
Auftrag von Gabriele Conze, Re-
daktion „Abenteuer Erde“ (WDR,
dienstags, 20:15Uhr) inKoproduk-
tionmit ARTEeinenDokumentar-
film über Seeadler in Mecklen-
burg-Vorpommern. Um die Auf-
zucht der Adlerjungen im Horst
filmen zu können, mussten sie be-
reits Filmverstecke hoch oben in
Bäumen errichten. Umdort hinauf
zu gelangen und die Kameratech-
nik sicher in diese Verstecke zu
befördern, galt es dann, ihreFähig-
keiten in einem Aufstiegskurs zu
schulen.
„Nach einem ein Jahr währenden
Verfahren haben wir in Mecklen-
burg-Vorpommern die Ausnahme-
genehmigungenvonden relevanten
Naturschutzbehörden und Forst-
ämtern erhalten, um die erforder-
lichen Baumverstecke errichten zu
dürfen,“ erzählt Jan Haft, Gründer
von NautilusFilm und seit Jahr-
zehnten alsTierfilmer in allerWelt
unterwegs. Mit Hilfe eines Profi-
baumkletterers und eines wissen-
schaftlichenBeraters hat dasTeam
bereits Verstecke aus Aluminium
mit einerGröße von1,8x 1,9Metern
Grundfläche und 1,2 Metern Höhe
ausTarnstoff konstruiert unddiese
außerhalb der Nestbau- und Brut-
zeit der Adler angebracht. „Wir
mussten mehrere Verstecke an-
bringen, da die Adler nicht jedes
Jahr im gleichen Nest brüten und
mannichtweiß,welchesderVerste-
cke später wirklich dazu verhelfen
wird, die gewünschtenAufnahmen
zu bekommen.“ Das Portrait über
Deutschlands Wappenvogel wird
übrigens 2014 fertig gestellt und
wahrscheinlich noch im selben
Jahr erstausgestrahlt.
Viele Fragen
und wichtige Antworten
Die Männer von NautilusFilm
mussten lernen, wie man sich
selbst und andere amBaumsichert
und wie man einen Kollegen, der
auf demBaum in Schwierigkeiten
geraten ist, befreit. Außerdem
suchten sie fundierte Informati-
onen über die unterschiedlichen
Seile undMaterialien, dieman für
eine solche Expedition braucht.
Fragen gab es auf beiden Seiten.
Viel Zeit brachten die Tierfilmer
nicht mit, gerade mal einen Tag
hatte Paul Howard, Ausbilder bei
derMünchner Baumkletterschule,
Zeit, die drei Männer zu schulen.
Und dafür musste auch er zu-
nächst einige Fragen stellen. So
begann der Schulungstag mit
einem intensivenAustausch darü-
ber, was geschehen sollte, welche
Herausforderungen sich dabei er-
geben würden und welche Fähig-
keiten trainiert werdenmussten.
Nachfragen. Definieren.
Trainieren.
Die Aufgabe war ein Aufstiegs-
kurs und die Sicherung eines län-
gerenAufenthaltes inderHöhe. So-
viel war schon mal klar. Und dann
gingPaulHowardweiter insDetail.
Erwollte genauwissen, was vorOrt
geschehen musste und wie die Ab-
läufe geplantwaren, damit er sicher
gehen konnte, die Männer absolut
passgenauund konzentriert ausbil-
denzukönnen: „Ichwusstenun, wo
die kleineHüttewar, zu der sie auf-
steigen mussten. Ich wusste, dass
sie nicht höher klettern wollten,
klettern
Auf Augenhöhemit Seeadlern
ImDezember 2011 fand in der Münchner Baumkletterschule ein seltenes Treffen statt.
Weltreisende Tierfilmer des angesehenen Teams von NautilusFilm brauchten eine
Schulung, um in einem von langer Hand geplanten Projekt Seeadler bei der Aufzucht
ihrer Jungen filmen zu können. Weil Seeadler nicht auf dem Boden, sondern in Hor-
sten auf 30 Meter hohen Bäumen brüten, müssen sich die Kameraleute ebenfalls in
diese Höhe begeben – und dort bis zu 48 Stunden verharren. Wie also kommt man
auf einen Baum und wie hält man sich dort oben? Ein klarer Fall für die Münchner
Baumkletterschule. Ein Bericht von Britta Arnold
Wer nicht fliegen kann muss
kletterblatt 2012
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Kletterkurs
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