Kletterblatt 2013 - page 49

kletterblatt 2013
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Baumklettern
Report
leeren Raum. Weil die Bäume in einigen Fällen bis zu
60 Meter hoch waren, verbrachten wir viel Zeit mit
demEinbau von Seilen! Manchmal dauerte das meh-
rere Stunden und erforderte den Einstieg in ein oder
zwei andereBäume, umschließlichnur einen einzigen
Schnitt zu setzen, der dann 30 Sekunden dauerte.
Trotz allem hatte diese Gegend eine eigene, irgend-
wie unheimliche Schönheit. Ohne eine einzige Vogel-
stimme und ohne Blätterrascheln schien der Wald
wie dasmagere Skelett einer vergangenenGröße. Die
Täler zwischen den Hügeln füllten sich häufig mit
dichten weißen Wolken, während die Hügelkämme
in der hellen Wintersonne leuchteten. Unsere ge-
samte Ausrüstung färbte sich schwarzmit der Kohle
der verbrannten Baumstämme. AmEnde eines jeden
Tages waren wir erschöpft von den Hunderten Me-
ternSeilklettertechnik, diewir imAufstieg absolviert
hatten und den unendlichen Strecken, die wir auf
steilenHängen auf und ab gelaufen waren.
Zeit für gründliche Analysen und kreative Lösungen
Und war es das alles wert? Manchmal schien es
ganz schön sinnlos, auf diese zerstörten und trüge-
rischen Bäume zu klettern, vor allem wenn wir uns
mitten imWald befanden. Dochwir konnten auf diese
Weise einige uralte, knorrige und geweihförmige
Baumskelette retten, die sonst einfach ins Tal hinun-
ter gefällt wordenwären. Außerdemgab es über sechs
MonateArbeit keinen einzigenUnfall oder Zwischen-
fall, was als Beweis dafür gelten kann, in welchem
Umfang wir als Baumpfleger auch mit den unge-
wöhnlichsten Situationen umgehen können. Voraus-
gesetzt, wir nehmen uns genug Zeit, überdenken die
Herausforderung gründlich, analysieren die Risiken
genau, passen gut auf uns selbst und unsere Freunde
auf und sind darauf vorbereitet, kreative Lösungen
für schwierige und besonders problematische Bäume
zu finden.
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