Kletterblatt 2011 - page 83

kletterblatt 2011
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Helme
Praxis
werden, was aber immer
wieder gemacht wird! Die
beiden Verfahren sind
nicht identisch, weshalb
auch dieWerte nicht ver-
gleichbar sind. Im Ge-
gensatz zum Industrie-
helm wird beim Berg-
steigerhelm auch seitliche
Stoßdämpfung geprüft (vertikal,
frontal, lateral, dorsal). Geprüft wird
neben der Normaltemperatur von 20°
C auch -20 und +35° C.
Der große Gegensatz zur Industriehelm-
Norm besteht darin, dass der Kinnriemen
bei Wirkung von einer Kraft von 500 N sich
nur um 25 mm dehnen darf. Es wird in der
Normvon „Versagen“ gesprochen. Es steht aber
nirgends geschrieben, dass der Kinnriemen sich
öffnen muss.
Beim Bergsporthelm wird noch geprüft, ob der
Helmbei Belastung auchwirklich auf demKopf ver-
bleibt und nicht herunterrutscht. Das kann ja nicht
schlecht sein, auch für Industriehelme.
Vergleich
Die beiden Normen sind sich in weiten Bereichen
sehr ähnlich, z.T. sogar identisch. Durchschlagkraft
wirdmit demnahezu gleichen Verfahren geprüft, die
Stoßdämpfung wird unterschiedlich getestet, wes-
halb immer wieder fälschlicherweise davon gespro-
chen wird, dass die Bergsporthelme nicht die erfor-
derliche Aufprallenergie aushalten würden. Wie ge-
zeigt, liegt dies aber an der unterschiedlichen Prü-
fungsanordnung (Fallhöhe bei Industrienorm 1 m,
bei Bergsteigernorm 2 m).
Entscheidender Unterschied: Bei Bergsteigerhel-
men liegt der Schwerpunkt bei der Prüfung darin,
den Helm durch die Konstruktion der Trageeinrich-
tung auf dem Kopf zu halten. Es wird dabei darauf
verwiesen, dass beim Hängenbleiben mit einem
Bergsporthelm Strangulierungsgefahr besteht. Das
ist der große Unterschied zur Industriehelm-Norm.
Sofern keine Gefahren durch Strom, flüssiges heißes
Metall oder extreme Temperaturen besteht, ist dies
der einzige wirklich nennenswerte Unterschied zum
Industriehelm.
Unser Fazit
Der Anwender muss die PSA immer nach der Ge-
fährdung auswählen. Wenn er die Gefahr des Stran-
gulierens höher einschätzt als das Herunterfallen
des Helmes, dann sollte er sich für die sich öffnende
Kinnberiemung entscheiden. Wenn er es als wich-
tiger ansieht, dass der Helm auf dem Kopf verbleibt,
dann ist die Kinnberiemung eines Bergsteigerhelmes
die bessere Wahl. Wer beim Industriehelm Lüftung
möchte, der braucht darauf nicht zu verzichten,
schließlich lässt die Norm Löcher mit einer Fläche
bis zu 450mm
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zu. ImZweifel gilt auch bei Industrie-
arbeiten, dass eine Gefährdungsermittlung letzt-
endlich entscheidend ist. Wenn durch große Lüf-
tungslöcher keine zusätzliche Gefährdung zu erwar-
ten ist, dann ist der Nutzung von Helmenmit großen
Lüftungslöchern nichts entgegenzusetzen.
Und damit die Eingangsfrage geklärt wird, ob denn
nun Bergsporthelme auch fürMotorsägenarbeiten am
Boden und für das Bodenpersonal eingesetzt werden
dürfen, könnenwirdieseFragemit einemklarenJAbe-
antworten – zumindest für die Versicherten der Gar-
tenbau-BG. Denn die GBG akzeptiert den Bergsport-
helmamBoden. UndwennderVersicherer derVerwen-
dung zustimmt, erübrigt sich jedeDiskussion.
TÜV-geprüft
FrankWittmann, bei TÜV SÜD zustän-
dig für Helmprüfung, sagt zu diesem
Thema folgendes:
„Grundsätzlich ist zu sagen, dass jeweils
Experten an einemTisch saßen, wenn eine
Norm für einen bestimmten Anwendungs-
bereich erstellt wurde. Demnach erfüllt
ein Helm gemäß Norm auch ein be-
stimmtes Anforderungsprofil, je nach An-
wendungsbereich. Freilich gibt es auch
Anwendungen, die irgendwo dazwischen
liegen. Hier muss der Anwender überle-
gen, was das Richtige für ihn ist, zumin-
dest solange es für die Anwendung keine
spezielle Norm gibt.
Im Fall Baumpfleger müssen Anwender
selbst entscheiden, wie wichtig einzelne
Kriterien sind. Beispiel Kinnriemen: Muss
der Helmunbedingt auf demKopf bleiben,
oderbestehtbeträchtlicheGefahrderStran-
gulierung? Kann der Helmabgestreift wer-
den, oder soll er nur vor herabfallenden
Gegenständen schützen? Kriterien, die
jeder für sich sorgsam abwägenmuss.
Beim Fahrradhelm für Kinder gibt es
auch einHelmschloss ohne Öffnungsfunk-
tion unter Last. Der Helmsoll ja beimSturz
unbedingt auf dem Kopf bleiben. Die
Strangulierungsgefahr beispielsweise auf
Spielplätzen muss in diesem Fall in Kauf
genommen bzw. durch Aufklärung von
Kindern und Eltern und durchWarnungen
und Hinweise in der Bedienungsanleitung
und auf Beschilderungen an den Spielplät-
zen minimiert werden.“
Thomas Sack
(European TreeWorker und
Fachverkäufer bei freeworker)
Thomas Sack
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