Kletterblatt 2011 - page 82

kletterblatt 2011
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Helme
Praxis
D
erMensch hat einenKopf, der schützt dasGehirn,
weshalb dieser wiederum vor Gefahren bei der
Arbeit geschützt werden muss. Durch einen Helm z.
B. Darüber herrscht Einigkeit. Und man sollte mei-
nen, dass sich dafür klare Regeln und Normen auf-
stellen lassen, für alle verständlich, eingängig und
entsprechend umzusetzen. Doch was in den Köpfen
der Normenverwalter vor sich geht, sorgt in der Pra-
xis immer wieder für Verwirrung.
Beginnen wir mit den Normen für Arbeitsschutz-
helme. Da haben wir es zu tun mit der Norm EN 397
für Industrieschutzhelme, mit EN 12492 für Berg-
sporthelme und nochweiterenNormen. AlleNormen
sind für sich klar definiert und überlappen sich auch
in vielen Bereichen.
Neulichwurdenwir von einemKunden gefragt, wa-
rum Stihl in ihrem Katalog den Helm „Vertex Vent“
als „nicht für Forstarbeiten am Boden verwendbar“
beschreibt. Über diese Aussage desHerstellerswaren
wir sehr verwundert. Zusammen mit dem Kunden
sindwir der Ungereimtheit nachgegangen und haben
bei Stihl, KWF, Petzl, GBG und GUV nachgefragt.
Neben wenig zur Aufklärung beitragenden Antwor-
ten wie z.B. „das ist halt so, das steht in der Norm“,
haben wir folgendes zusammengetragen:
EN397 Industrieschutzhelm
Geprüft wird beim Industriehelm die übertragene
Kraft beimAufprall eines Schlagkörpers. Sie darf bei
Industriehelmen nicht mehr als 5 kNbetragen. Bei der
Prüfung wird die Stoßenergie gemessen, die beimFall
eines Schlagkörpers (mit 5 kg Eigengewicht und einer
halbkugeligenSchlagflächevon5cmRadius) aus 1Me-
ter Höhe auf denHelmeinwirkt. Es wird für verschie-
deneTemperaturansprüche getestet (-10und +50° C).
Die Konfusion
bei denHelmnormen
Wieviel kN
Der Helm schützt den Kopf und will befestigt sein. Was dazu führen kann,
dass er zwar den Kopf schützt, den Träger aber stranguliert. Und doch
entspricht er der Norm. Eben dieser Norm, aber was sagt die EN387?
Thomas Sack entwirrt den Normenwirrwarr.
Kinnriemenbefestigung. Bei der
Prüfung des Kinnriemensmuss der Ver-
suchskiefer bei einer Kraft auf den Kinn-
riemen vonmindestens 150 N und maximal
250 N nachgeben und den Prüfkiefer freige-
ben. Wohlgemerkt „nachgeben“! Es steht in der
Norm nichts von „öffnen“.
Entgegen allgemein verbreiteter Ansicht, darf ein
Industriehelm sehr wohl Lüftungslöcher haben. Di-
ese dürfen eine Fläche von 150 bis 450 mm
2
haben.
Wenn Lüftungslöcher schließbar sind, wird die Flä-
che bei geöffneten Lüftungslöchern gemessen. Zum
Vergleich: Bergsporthelme müssen belüftet sein. Die
Lüftungslöcher müssenmindestens eine Fläche von
400mm
2
haben. Hier gibt es also durchaus einen Be-
reich, der beiden Normen gerecht wird.
Es können beim Industriehelm auch Zusatzprü-
fungen durchgeführt werden, die sind optional und
müssen nicht sein, z.B. Extremtemperaturen (-30
und/oder +150° C), Elektrische Isolierung oder seit-
liche Verformbarkeit oder Schutz bezüglich Metall-
spritzer. Diese Zusatzprüfungen sind dann auf dem
Etikett extra angegeben. Vorgeschrieben sindHelme
mit diesen Zusatzprüfungen nur da, wo die entspre-
chenden Gefahren auch wirklich auftreten können.
EN12492 Bergsteigerhelme
Im Gegensatz zu Industriehelmen darf die auf den
Kopf einwirkende Stoßenergie beimBergsteigerhelm
10 kN betragen. Aber Achtung: die Industrienorm
misst einen Fall aus 1 Meter Höhe, bei der Bergstei-
gernorm beträgt die Fallhöhe des Prüfgewichtes 2
Meter (Schlagkörper hat ebenfalls eine Masse von 5
kg, jedoch eine flache Schlagfläche mit 6,5 cmRadi-
us). DieseWerte dürfen nicht miteinander verglichen
darf‘s denn sein?
1...,72,73,74,75,76,77,78,79,80,81 83,84,85,86,87,88,89,90,91,92,...132
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