Thema
durchgeführt. Die Kehrseite der technischen
Vollausstattung: es ist völlig undenkbar, dass
ein Baumpfleger einen noch so dünnen Ast mit
einer Handsäge abschneiden würde, solange
noch Sprit für die Kettensäge vorhanden ist.
Das Bewusstsein, dass das Klettern mit der
Motorsäge in der Baumkrone ergonomisch
problematisch sein kann, ist nicht ausgeprägt.
Montreal, die zweitgrößte Stadt Kanadas,
legt wie Quebec großen Wert auf Eigenstän-
digkeit gegenüber dem angloamerikanischen
Teil Kanadas. Auch die 19 Bezirke Montreals
sind untereinander stark auf ihre Unabhängig-
keit bedacht. Dies geht so weit, dass jeder Be-
zirk eine eigene Baumkatastersoftware be-
nutzt, so dass die Programme untereinander
nicht kompatibel sind. In einzelnen wenigen
Bezirken sind sehr moderne Programme mit
GIS-Anbindung und Verknüpfung zu anderen
Verwaltungsdaten (nur vom jeweiligen Bezirk
versteht sich) vorhanden, andere Bezirke füh-
ren einfache Listen in Excel und auf Papier.
Ein großer Stolz Montreals stellt auch der
namensgebende Mount Royal Park dar, der
über der Stadt auf einem kleinen Berg thront.
Ein Genuss, diesen Park an der Seite von Pier-
re-Emil Rocray erleben zu dürfen, der seit vie-
len Jahren den Park forstlich betreut. Warum,
so fragt er uns Exkursionsteilnehmer, wären
die waldartigen Bestände wohl so weitgehend
frei von unterständigen Bäumen und größeren
Büschen, geradezu aufgeräumt, was ja für Ka-
nadas Wälder eher untypisch ist. Das, so ant-
wortet er, sei das Ergebnis der Politik der prü-
den Stadtabgeordneten aus den 70er Jahren.
Damals wollte man die freizügige Montrealer
Bevölkerung, die den Park als eine Art Lustgar-
ten interpretierte, davon abhalten, in ihren ge-
genseitigen Liebesbekundungen allzu weit zu
gehen. Ein Kahlschlag im Unterholz war die
Folge. Als Reaktion darauf wird noch heute
jede Baumfällung im Park kri-
tisch hinterfragt. Aus diesem
Grund hat Rocray verschiedene
Ringelungsversuche an den
fremdländischen Spitz-Ahornen
unternommen, um so unauf
fällig diesen Eindringling in die
heimische Flora loszuwerden –
mit nur mäßigem Erfolg.
(Abb. 6)
Ein ausgesprochen entspanntes Verhältnis
haben die Kanadier in Bezug zur Verkehrssi-
cherheit von Bäumen. Fast vor jedem älteren
Einfamilienhaus – Holzbauweise, ohne ver-
stärkten Dachstuhlausbau– steht ein großer
Solitärbaum.
(Abb. 7)
Im Falle eines Falles wäre
es nicht ausgeschlossen, dass die Hausbäume
ihrem Namen gerecht würden und stattdessen
nicht mehr vor dem Haus stünden. Was zu
offensichtlich krank, bruchgefährdet oder
abgestorben ist, wird entfernt; in der Regel
auch ohne weitergehende Untersuchungen.
Abb. 5
Abb. 6
Abb. 7