Kletterblatt 2008 - page 81

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kletterblatt
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Schnittgut
Sehr viele und vielleicht die
meisten Menschen müssen,
um etwas zu finden,
erst wissen, dass es da ist.
G. C. Lichtenberg, Sudelbücher
Schnittgut
Stefan Bilharz
Ceterum censeo ...
Es sind nicht die glatten, blüten-
reichen und Früchte tragenden
Bäume, die uns Respekt einflößend
in Erinnerung bleiben. Es sind die
knorrigen, alten, durch ihr unge-
wöhnliches Alter, ihre Höhe und
Stärke auffallenden Bäume. Außer-
gewöhnliche Baumexemplare kön-
nen Namen erhalten und bleiben
so als Individuen in Erinnerung.
Vom Baum der Erkenntnis über die
Donar Eiche bis hin zur Dicken Mar-
garete bei Beberbeck.
Als der Spartanerkönig Archidamos
die Olivenhaine in Attika abholzte,
wollte er mit dieser Baumvernich-
tung den Gegner wirtschaftlich schä-
digen und zugrunde richten. Wur-
den einzelne symbolträchtige und
Namen besitzende Bäume zerstört,
sollte mit diesen auch die Einzigar-
tigkeit eines Stammes oder einer Kul-
tur vernichtet werden. Wenn der Re-
genwald abgeholzt wird, fallen nicht
einfach nur Bäume. Werden mäch-
tige alte Stadtbäume vernachlässigt,
knorrige, die Landschaft prägende
Solitärbäume gefällt oder Streuobst-
wiesen zu ParkPlätzen einer Mono-
Kultur transformiert, dann zerstören
wir wieder einen weiteren Mosaik-
stein unserer Kultur.
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