Kletterblatt 2006 - page 32

Die Seilklettertechnik
hat in den vergangenen
Jahren einen rasanten
Aufschwung erlebt. Wei-
terentwicklungen und
Innovationen bei den Ge-
rätschaften und Techniken
waren fulminant. Dieser
Trend wird anhalten. Aller-
dings stellt sich angesichts
der Vielzahl von Neuerun-
gen die Frage, für wen
welche und welches Maß
an Technik sinnvoll ist.
Die Praxis der SKT hat sich in
den vergangenen Jahren sehr
stark gewandelt. Für jeman-
den, der noch vor 15 Jahren
mit gedrehten Seilen und
schweren amerikanischen
Gurten oder der Honey Brot-
hers aus England in der
Baumpflege arbeitete, ist sie
heute wohl kaum noch er-
kennbar. Denn zwischenzeit-
lich haben viel Firmen speziel-
le Produkte für die SKT auf
den Bäumen entwickelt - Klet-
tergurte, Seile, Hardware u. v.
a. m. – und produzieren sie
auch serienmäßig. Das Ange-
bot ist größer, interessanter,
vielfältiger und anspruchsvol-
ler geworden. Viele Faktoren,
auch die veränderten Rah-
menbedingungen, haben die-
sen exponentiellen Innovati-
onsschub in der SKT bewirkt:
• Seit der Zertifizierung der
Anwendung der Motorsäge
durch die Gartenbau BG
durchlaufen alle Anwender
der SKT eine Schulung in
einer der akkreditierten
Schulen. Dies hat zu einer
Nivellierung des Basis-Ni-
veaus geführt.
• Die Klettermeisterschaften
der ISA haben zu einer ver-
stärkten Vernetzung und zu
einem regen Austausch in-
nerhalb der Kletterszene ge-
führt. Aufgrund dieser Ver-
netzung sind dann verschie-
dene Weiter- und Neuent-
wicklungen, vor allem auf
der technischen Ebene, ent-
standen. Diese wurden und
werden dann im Rahmen
der Meisterschaften wieder
gezeigt, kopiert und weiter-
entwickelt.
• Im Rahmen verschiedener
Fachmessen, wie z. B. der
Deutschen Baumpflegetage
in Augsburg mit dem Klet-
terforum, werden Aktualitä-
ten und Themen präsentiert
und vertieft diskutiert.
Bei all diesen Entwicklungen
stellt sich nun aber für alle
Anwender die Frage nach
dem Sinn. „Was bringt’s? Ist
ja alles schön und gut, aber
ich will halt einfach Bäume
schneiden!“ Die Frage nach
dem Maß an Technik und In-
novation ist tatsächlich be-
rechtigt. Aber auch hier
macht die Dosis das Gift. Es
gibt sicher einen Punkt, an
dem eine Person, die nicht so
versiert oder ausreichend aus-
gebildet ist, sich mit einem
Zuviel an Technik überfordert
und sich somit gefährden
kann. In der Notfallmedizin
wird bei einem Massenanfall
von Betroffenen, bzw. Verletz-
ten, nach dem System der Tri-
age vorgegangen. Hier unter-
scheidet man zwischen Ver-
letzten mit einer kritischen
Verletzung, auf Grund derer
die Betroffenen kaum Überle-
benschancen haben, Schwer-
verletzten und leicht Verletz-
ten. Auf Grund dieser Eintei-
lung erfolgt die Behandlung.
Somit können knappe Res-
sourcen effizienter verteilt
werden, um möglichst vielen
auf effektive Art und Weise zu
helfen. Auch bei der Wahl
von Techniken, hier speziell
der Seilklettertechnik im
Baum, ist eine Art Triage
möglich. Wir können die brei-
te Angebotspalette in 3 Ebe-
nen aufgliedern:
Basistechniken „Must have“:
Diese Techniken bilden die
Grundlage für jegliche Arbei-
ten mit der SKT. Jede Person,
die in den Bäumen seilunter-
stützt arbeitet, sollte diese
verstehen und beherrschen.
Weiterführende Techniken
„Nice to have“:
Hier handelt es sich um Tech-
niken, die auf den Basistechni-
ken aufbauen. Mit diesen
wird die Werkzeugpalette er-
weitert, der Kletterer oder die
Fortgeschrittene Techniken in der SKT
Luxus oder Notwendigkeit?
Thema
kletterblatt
06
32
1...,22,23,24,25,26,27,28,29,30,31 33,34,35,36,37,38,39,40,41,42,...104
Powered by FlippingBook