Bis ein neues Teil in Serie gefertigt werden kann,
durchaus.
Hast Du viel Zeit und Geld in Dein erstes Serien-
produkt investiert?
Die investierten Stunden kann und will ich gar
nicht zusammenzählen. Ich weiß nur, dass ich
für meine Ziele auf vieles verzichtet habe, z. B.
Urlaub, freie Abende, freie Wochenenden. Zu-
dem bin ich finanziell zeitweise wirklich mit dem
Rücken an der Wand gestanden, trotz der zwei
Einkommen. Eben auch deswegen, weil ich mein
verdientes Geld immer konsequent in die Entwick-
lungsarbeit investiert habe.
Ist der Lockjack ein eher zufällig entwickeltes
Produkt oder ein gesuchtes und gewolltes
Ergebnis? Wenn ja, gibt es da ein konkretes
Erlebnis, nachdem Du Deine Forschungsarbeit
angefangen hast?
Dieses Erlebnis gab es. Ich arbeitete schon einige
Zeit als kletternder Baumpfleger. Dann las ich
im April 95 in der Tageszeitung, dass die zweite
deutsche Baumklettermeisterschaft in Minden,
quasi vor meiner Haustür, stattfinden sollte. Das
hat mich echt überrascht, da ich gar nicht wusste,
dass es diese Baumkletterszene überhaupt gab.
Und dann noch mit Meisterschaften.
Hattest Du dich bis dahin tatsächlich als Exot
gefühlt, der etwas macht, was nur wenige ma-
chen?
Ja, tatsächlich. 1991, als ich anfing, war die klet-
ternde Baumpflege hier noch relativ unbekannt.
Die nötige Technik, um in den Baum zu kommen
und sich dort sicher zu bewegen, hat sich durch
Ausprobieren ergeben. Sicherheitstechnisch hätte
ich das gar nicht machen dürfen. Heute nenne
ich so was Grundlagenforschung. In dieser Zeit
habe ich erlebt, dass das Bewegungsspektrum
im Baum eine faszinierende Komplexität hat: Jede
Faser des Körpers ist beteiligt. Erwähnen muss
ich noch, dass ich in den ersten Jahren am Ein-
fachseil gearbeitet habe. Das laufende Doppelseil
hatte ich zwar ausprobiert, aber verworfen, weil
mir der Reibungswiderstand der damals bekann-
ten Klemmknoten-Technik einfach zu groß war.
Es hat Dich damals noch nicht gekitzelt hier Ab-
hilfe zu schaffen?
Die Abhilfe hatte ich für mich ja gefunden. Weder
für den Aufstieg noch für das Arbeitsklettern am
Einfachseil habe ich einen Klemmknoten eingesetzt.
Also zurück zu dem Ereignis, das die Initialzün-
dung für den Lockjack war. Du hast die Baum-
klettermeisterschaft in Minden besucht.
Und dort staunte ich erst einmal nicht schlecht,
als ich die Disziplinen und die Kletterer sah. Das
Ganze hatte ein alternatives Flair und war beein-
druckend. Hier erkannte ich auch die Möglich-
keiten, die das laufende Doppelseil trotz Klemm-
knoten hat. Schnell kam ich mit den Leuten ins
Gespräch und fragte sie, wieso sie sich mit diesen
Klemmknoten und ihrem Reibungswiderstand
zufrieden geben und ob es denn tatsächlich keine
Alternativen gäbe. Ich erinnere mich noch, es war
Knut Foppe, der mir damals sagte, an diesem
Problem hätten sich schon andere die Zähne aus-
gebissen. In diesem Moment habe ich mir gesagt,
da muss man was machen, da muss es eine Alter-
native geben. Zwei Wochen später war die Idee,
zum ersten Lockjack geboren.
Nun haben viele Baumkletterer Ideen, wie man
das eine oder andere verbessern kann. Einige
gestalten ihre Ausrüstung selbst, andere lassen
sich Ausrüstungsteile von Herstellern optimieren,
geben ihre Ideen weiter. Dass jemand ein abso-
lut neues Produkt entwickelt ist einmalig. Wie
war der Weg von der Absicht über die Idee, bis
hin zum fertigen Produkt?
Es war ein langer und schwerer Weg. Der Lockjack
war mein erstes serienreifes und zertifiziertes Pro-
dukt. Serienfertigung, Zertifizierung, Patentrecht,
Vermarktung, all das war absolutes Neuland für
mich. Aber ich habe mich an die Arbeit gemacht
und nicht mehr locker gelassen.
In Deiner Erfinderwerkstatt?
Da gab es nichts Besonderes, was auf eine Erfin-
derwerkstatt hätte schließen lassen, aber meine
Grundausstattung an Werkzeugen, Maschinen
und Materialien war gar nicht so übel. Ich habe
mir überlegt, was so ein Gerät für das laufende
kletterblatt
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