S
o lautet der alltägliche Auf-
trag für die Baumpfleger, die
nun zur Tat schreiten sollen.
Doch bevor die Säge an den
Ast angelegt wird, sollten die
Fachleute besser die recht-
liche Situation abklären, um
möglichen Bußgeldern und
Schadensersatzforderungen
vorzubeugen. Denn zur Re-
chenschaft gezogen werden
die Ausführenden.
Da es sich im genannten
Beispiel um Privatgrundstücke
handelt, also um eine Angele-
genheit der Bürger unterein-
ander, ist das Bürgerliche Ge-
setzbuch (BGB) zu beachten
(Privatrecht). Danach kann
der Eigentümer eines Grund-
stückes herüberhängende
Zweige und Wurzeln, die von
einem Nachbargrundstück
reinwachsen, abschneiden
und behalten, wenn Zweige
die Benutzung des Grund-
stücks beinträchtigen. Aller-
dings muss der Grundstücks-
eigentümer dem Besitzer des
Nachbarbaumes eine ange-
messene Frist zur Selbstvor-
nahme einräumen (§ 910
BGB). Der Astschnitt muss auf
der Grundstücksgrenze erfol-
gen, um den „Luftraum“ des
Nachbargrundstücks nicht zu
verletzen. Einem fachgerech-
ten Astringschnitt am Stamm
muss der Baumeigentümer
zustimmen.
In vielen Regionen Deutsch-
lands hat der Gesetzgeber
durch Naturschutzgesetze
und Baumschutzverordnun-
gen die Bäume unter beson-
deren Schutz gestellt. Als
‚zwingendes’ Recht ist das öf-
fentliche Recht stets zu
beachten. Je nach Bundes-
land unterscheiden sich die
Bestimmungen. Auch ist zu
beachten, dass viele Kommu-
nen eigene Baumschutzver-
ordnungen erlassen haben.
Nach dem Berliner Natur-
schutzgesetz ist es z. B. ver-
boten, „wildlebende Tiere
mutwillig zu beunruhigen“
und „Bäume … in der Zeit
vom 1. März bis 30. Septem-
ber abzuschneiden“. Nach
der Berliner Baumschutzver-
ordnung ist es zusätzlich ver-
boten, „geschützte Bäume
oder Teile von ihnen … abzu-
schneiden.“ Erst durch ein
aufwendiges Antragsverfahren
an die zuständige Genehmi-
gungsbehörde kann im Ein-
zelfall eine Ausnahme von
diesen Verboten erwirkt wer-
den.
Soll die Schnittwunde mit
einem Wundverschlussmittel
behandelt werden, ist noch
das Pflanzenschutzgesetz zu
beachten. Die gewerbliche
Anwendung von Pflanzen-
schutzmitteln muss beim zu-
ständigen Pflanzenschutzamt
angemeldet und von einer
sachkundigen Person (Sach-
kundenachweis) durchgeführt
werden. Die Baumpfleger
müssen diese Regeln kennen,
da sie dem Kunden gegenü-
ber eine Beratungspflicht
haben. Kommen sie dieser
Pflicht nicht nach, so haften
sie für den entstandenen
‚Schaden’.
Aber ein Trost: Gefängnis-
strafe droht bei verbotener
Durchführung des Astschnit-
tes nicht. Nach den oben ge-
nannten Gesetzen werden
gesetzeswidrige Maßnahmen
‚nur’ als Ordnungswidrigkeit
betrachtet und mit einer
Geldbuße bis max. 50.000
Euro geahndet.
Thema
kletter
blatt
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Der Autor:
Helmut Warkentin
Weitere interessante Rechtsfälle
und vieles mehr über Bäume bei
den Vorbereitungslehrgängen zum
Geprüften Fachagrarwirt/zur ge-
prüften Fachagrarwirtin Baumpfle-
ge und Baumsanierung siehe Sei-
ten 41-47 „Andere Veranstalter“.
Recht im Alltag
Der Ast aus Nachbars Garten
„Nur schnell mal einen Ast abschneiden, der vom Nachbar-
baum auf das angrenzende Grundstück hineinragt.“
52, Dipl. Ing. Landespflege, arbeitete
als Landschaftsplaner in Büros und
Behörden im Ruhrgebiet, seit 1995 in
der Ausbildung von Fachagrarwirten
für Baumpflege und Baumsanierung
und European treeworkern an der
Peter-Lenne-Schule in Berlin tätig.