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Baumpflege am Kap der guten Hoffnung
World Wide Baumpflege: Wer Baobab hört sieht einen schönen Baum vor seinem Auge, denkt aber nicht unbedingt an Baumpflege. Doch auch in Südafrika entstehen ein Baumpflegebewusstsein und eine Baumpflegerszene. Zwei Baumpfleger vom Kap der guten Hoffnung waren zu Gast bei der Münchner Baumkletterschule und beim Freeworker. Britta Arnold war dabei.
Südafrika ist jetzt mal eine Ecke entfernt, salopp gesagt. Aber doch nicht so weit, dass man am Kap der guten Hoffnung die Münchner Baumkletterschule nicht kennen würde. Wie man sich über rund 9170 Kilometer zwischen München und Kapstadt kennen lernte, ist eine spannende Geschichte, doch hier erst mal einige geografische Fakten: Die Republik Südafrika liegt an der Südspitze des afrikanischen Kontinents und ist von zwei Ozeanen umgeben. Südlich und östlich plätschert der Indische Ozean an den Strand, im Westen der Atlantische. Nach Norden und Osten, sozusagen Kontinent einwärts, grenzt Südafrika an Namibia, Botsuana, Simbabwe, Mosambik und Swasiland. Klimatisch betrachtet gibt es in dem Land mehrere Vegetationszonen, von der Wüste bis zu Subtropen oder frischer Seeluft ist alles geboten. Die Jahreszeiten sind den unseren auf der Nordhalbkugel genau entgegengesetzt. Der Winter findet am Kap der guten Hoffnung im Juni, Juli und August statt.
Natürlich wachsen dort auch ganz andere Bäume als bei uns, spannende Bäume mit unglaublichen Blüten, Früchten und Wachstumsformen. Die Vielfalt ist groß, sie reicht vom sagenhaften Baobab, dem in der Kultur des Landes tief verwurzelten Affenbrotbaum, über intensiv-farbig blühende Jacarandabäume, beeindruckende Korkeichen, Akazien aller Art, Eukalyptusbäume, Feigenbäume, Paternosterbäume, Silbereichen, Kiefern, Tamarindenbäume bis zu einer großen Vielfalt an Palmen. Kurz, es gibt für Baumkletterer eine Menge zu tun. Und tatsächlich entsteht zurzeit am Kap der guten Hoffnung auch so etwas wie ein ganz neues Bewusstsein für einen ganz neuen Berufszweig.
Weil nun die professionelle Baumpflege in Südafrika noch ganz am Anfang steht, ist auch der Umgang mit den Risiken, denen diese Berufsgruppe begegnet, noch nicht wirklich ausgefeilt. So haben zwei Baumpfleger aus Kapstadt ihre Fühler nach Europa ausgestreckt, um sich bei ihren Kollegen auf der Nordhalbkugel umzusehen und in die Grundlagen der professionellen Baumkletterei einzuarbeiten. Ein Freund aus Bad Tölz lebt jedes Jahr für ein paar Monate als Nachbar von Fred und Wayne in Somerset West. Er war ihnen vor Ort behilflich, machte sich daheim in Bayern kundig und vermittelte schließlich den Kontakt mit der Münchner Baumkletterschule in Gilching. So kamen Fred und Wayne zur Ausbildung in Gilching angereist – und wurden hier natürlich herzlich willkommen geheißen.
Wie man sich vorstellen kann, war die Neugier auf beiden Seiten groß. Alle hatten viele Fragen, und auf alle Fragen gab es natürlich Antworten. Fred und Wayne durchliefen das volle Ausbildungsprogramm und wir erfuhren eine Menge über den Stand der Baumpflege in Südafrika.
Generell muss man vorausschicken, dass man in Südafrika bis auf wenige, vom Aussterben bedrohte Bäume, bislang wenig Bewusstsein für die Pflege und den Erhalt von Bäumen im allgemeinen kennt. Der größte Teil der Arbeit mit Bäumen beschränkt sich auf das Fällen, Kappen und nur relativ selten auf ein Zurückschneiden. Nicht mehr als fünf Prozent der südafrikanischen Baumpfleger praktizieren das, was wir hierzulande unter Baumpflege verstehen: diverse Rückschneidemethoden, Kronensicherung, Baumkontrolle oder ähnliche professionelle Pflegemaßnahmen. Es ist auch nur dieser relativ kleine Kreis, der anspruchsvollere Fäll- und Rigging-Arbeiten übernimmt.
Eine Berufsgenossenschaft für Baumpfleger gibt es nicht. Keine Vorschriften, keine Standards, keine spezielle Versicherung. Mit Ausnahme der geschützten Arten kann man mit Bäumen in Südafrika im Prinzip machen, was man will. Eine kleine Gruppe von Baumpflegern hat sich dazu entschlossen, die ISA Standards und andere, aus Europa und Amerika importierte Methoden zu übernehmen. Es sind diese fünf Prozent, die auch versuchen, ein Bewusstsein für die Schönheit und die Wichtigkeit von Bäumen zu wecken und entsprechend auch eine gewisse Professionalität im Umgang mit Bäumen bekannt zu machen.
Die meisten Baumpflegearbeiten werden in großen Städten in Auftrag gegeben, vor allem in den Küstenregionen und etwa in einem 200 Kilometer Umkreis von Kapstadt. Die meisten Baumpflegeunternehmen arbeiten in der Westkap-Region. Das angenehme Klima dort sorgt in Städten und Weingütern für relativ dichten Baumbestand, dort stehen dann auch sehr wertvolle Bäume, auf deren Pflege entsprechend Wert gelegt wird. Anstatt mit Kälte und Niederschlag kämpfen Baumpfleger in Südafrika vor allem mit extremer Hitze und orkanartigen Windstärken.
Dass Schnittschutzkleidung in der Hitze nicht besonders angenehm zu tragen ist, kann jeder Baumpfleger nachempfinden, die Gefahr einer Dehydrierung ist groß, der Flüssigkeitsnachschub darf nie vernachlässigt werden. Und dann gibt es die vielen Palmen und Eukalyptusbäume, die eine ganz eigene Herausforderung darstellen.
Aufstieg und Arbeitsplatzpositionierung bei einer Palme können ganz lustig sein. Weniger lustig hingegen sind die zahlreichen Giftschlangen oder die vielen Bienen, wenn man mit Eichen arbeitet.
Wayne: „Die Baumpflege ist unser täglich Brot. Dabei müssen wir uns allerdings gegen all die Leute behaupten, die ohne Versicherungskosten, ohne Sicherheitsausrüstung, ohne ausgebildete Mitarbeiter und ohne gute Ausrüstung arbeiten und jedes Risiko eingehen, nur um schnelles Geld zu verdienen. Ungefähr 70 Prozent unserer Kunden sind Haus- und Grundbesitzer, die anderen 30 Prozent bilden Firmen, Stadtverwaltungen, Universitäten, Weingüter und Bauunternehmen.
Fred hat bei Fred’s Tree Service sechs Leute angestellt. Er hat 1986 mit Holzerntearbeiten begonnen und 1991 zur Baumpflege gewechselt. Wayne hat ursprünglich 1993 bei Fred angefangen und sich dann selbstständig gemacht. Er beschäftigt bei TreeTech einen festen Mitarbeiter, Alle anderen Helfer werden tageweise verpflichtet. Fred: „Heute arbeiten wahrscheinlich 99,9 Prozent der Leute ohne Ausbildung in der Baumpflege. Vielleicht haben sie sich selbst über DVDs oder ähnliche Quellen das eine oder andere beigebracht. Wir wissen von vier nach ISA System ausgebildeten Baumpflegern, zwei ISA zertifizierten Leuten ohne Kletterausbildung und dann gibt es noch zwei, Wayne und mich, und wir haben unsere Ausbildung bei der Münchner Baumkletterschule gemacht.”
Fred und Wayne sind sich über ihren Ausbildungsausflug nach Bayern einig: Er war so erfolgreich, dass sie ihre Erfahrungen kaum gewichten können: „Das hier unterrichtete System ist sehr eindrucksvoll, es trägt in großem Umfang zur Sicherheit unserer Arbeit bei. Wir sind Paul Howard echt dankbar für seine Geduld und all die vielen Details, die er uns beispielsweise über die europäischen Rigging-Methoden beigebracht hat. Einiges kannten wir natürlich schon, aber er hatte zusätzlich noch so viele Tricks und Tipps auf Lager, für die man sonst Jahre brauchen würde, um sie selbst herauszufinden.”
Und dann war da natürlich die große Auswahl an Ausrüstungsteilen, die wahrscheinlich jeder Baumpfleger zu schätzen weiß, vor allem aber Fred und Wayne, die eine solche Bandbreite und Qualität in Südafrika gar nicht kennen. Fred: „Im Freeworker Shop fühlten wir uns wie Kinder an Weihnachten. Die Jungs dort haben uns alle Sachen gezeigt und vorgeführt, sie haben uns ausprobieren lassen und viele, viele Fragen beantwortet. In Südafrika müssen wir die ganze Ausrüstung aus Übersee importieren. Dort gibt es nichts von dem, was wir für unsere Arbeit brauchen. Hier konnten wir in Ruhe auswählen, was wir mit zurück nach Südafrika nehmen wollten, das war super.” Wayne: „Und es war wirklich großartig, die ganze Szene kennenzulernen, wie die Leute zusammenarbeiten, sich beraten und austauschen. So ein Kreis von Profis um uns herum, das war für uns schon eine einmalige Gelegenheit, die wir voll ausgekostet haben.”
Die Autorin: Britta Arnold (E-Mail) nach einem Bericht von Kevin Bingham M.A. Germanistik München und Boston, Redakteurin, Übersetzerin, Lektorin, Unternehmenskommunikation |
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