Rope Wrench

Einseiltechnik auch im Baum konkurrenzfähig? Der Rope Wrench, das neue Klettergerät aus Detroit, ist in der Baumkletterszene in aller Munde und wird in Foren viel diskutiert. Die Einseiltechnik ist seit einigen Jahren zur Standard-Aufstiegstechnik in der Baumpflege geworden. Viele eingefleischte Footlocker sind auf die Einseiltechnik beim Aufstieg umgestiegen. Unzählige Varianten der Einseiltechnik werden seither diskutiert. Kevin Bingham startet mit  seiner Erfindung, dem Rope Wrench, den Versuch, die Einseiltechnik auch für das Klettern im Kronenbereich salon-fähig zu machen.

Im Herbst 2008 war es um die Wirtschaftslage in den USA nicht gut bestellt. Kevin Bingham musste seinen Heimatstandort Detroit, Michigan, verlassen und kam auf der Suche nach Baumpflegeaufträgen schließlich bis nach Texas. Dort hatte ein Wirbelsturm gewütet und in den Wäldern gewaltige Schäden hinterlassen. Ein Naturlehrpfad musste von Ästen befreit werden, die der Sturm geknickt hatte und die in den Baumkronen über und entlang des Wanderweges hängengeblieben waren. Für sich und seinen Bodenmann erhielt Kevin pro Baum zehn Dollar. Das bedeutete, er musste mindestens 50 Bäume am Tag „schaffen“, um wirtschaftlich arbeiten zu können.

Schnell war ihm klar, dass seine übliche Arbeitsweise mit dem Doppelseil in diesen dicht verzweigten Baumkronen viel zu viel Zeit verschlingen würde. Er wechselte dazu über, mit Klemmknoten und Einfachseil zu klettern, d.h. er stieg am Einfachseil mit Klemmknoten auf und für das Abseilen installierte er über dem Knoten einen Achter.* [Diese Form des Kletterns mit kurzem Knoten am Einfachseil ist hoch gefährlich, da beim Übergreifen die Gefahr des Abrutschens und Greifreflexes dazu führen kann, dass der Knoten nicht greift und der Kletterer ungebremst am Seil nach unten rauscht, Anm. der Red.] Dieses System funktionierte zwar, erwies sich aber als sehr mühsam [und ist gefährlich, Anm. der Red.]. Um seinen Standplatz zu wechseln, konnte er sich eben nur auf- oder abwärts bewegen. Wann immer es möglich war, kletterte er nur mit Klemmknoten, aber das war schwer zu handhaben, es strapazierte die Klemmknoten – und seine Hände.

Das waren harte Tage und Wochen, aber Kevin lernte eine Menge – unter anderem entdeckte er, dass er sich bei aller Mühe mit dem Klemmknoten auf ganz neue Weise, anders als es ihm bislang mit der Doppelseiltechnik möglich war, in der Krone ganz gut auch seitwärts bewegen konnte. Mit nur einem einzigen Aufstieg und 60 Metern Seil lenkte Kevin sein Seil über einzelne Äste um und arbeitete sich so durch mehrere Baumkronen „am Stück“ – ohne auf Abrieb in seinem System achten oder sich darum kümmern zu müssen, zwei pa-rallele Seilstränge sauber getrennt voneinander zu halten wie beim umlaufenden Doppelseil. Bei der umlaufenden Doppelseiltechnik können sich gegeneinander bewegende Seilstränge bekneifen und das Klettern blockieren. Außerdem wusste er auch zu jedem Zeitpunkt ganz genau, wieviel Seil ihm zur Verfügung steht.

Ungefähr die Hälfte des Auftrags war erledigt, als Kevin mit seiner Ausrüstung herumprobierte, die zu diesem Zeitpunkt gerade mal einen DMM Revolver Karabiner und einen Achter umfasste. Er begann in den Baum einzusteigen, wollte sich seitwärts und aufwärts bewegen, hängte den Revolver Karabiner in eine Seilschlaufe und zog sie durch den größeren der beiden Achterringe: „Ich wusste sofort, dass mein Leben nun sehr viel einfacher werden würde“ erinnert sich Kevin, „es war der Moment, in dem das Fate (F8) Revolver System geschaffen war, mit dem ich dann noch viele Monate arbeitete.“

Wirklich zufrieden mit dieser Lösung war Kevin noch nicht. Zuhause in seiner Werkstatt kam ihm dann der zündende Gedanke beim Betrachten eines 13 Millimeter Ringschlüssels. „Ich sah den geknickten Winkel und ich sah mögliche Reibung. An diesem Tag musste ich noch eine Katze vom Baum holen und beschloss, meinen neuen „Seil-Schlüssel“, aus heutiger Sicht den Ur-Ahnen des Rope Wrench, einzusetzen. Das Teil hat mich mehr als überrascht.“

Es gab nur ein kleines Problem: Die Zacken des Schlüssels ruinierten das Seil. Es folgten zahlreiche Modellversuche, mit jedem einzelnen kam Kevin seinem Ziel ein Stück näher. Er wollte ein Gerät, das wenig Hitze aufnimmt und in etwa die Reibung bietet, die ein Klemmknoten in der Doppelseiltechnik durch einen Ast erfährt. Es lag nahe, dass er die nächsten Modelle aus Holz anfertigte, das die Reibungseigenschaften eines lebenden Astes am besten reproduzierte. Diese Holzmodelle waren dann die ersten echten Vorgänger des heutigen Rope Wrench, sie waren der „Ast für alle Fälle“ – immer dabei, immer zur Hand und ausgesprochen praktisch.

Der richtige Klemmknoten
Für das Klettern mit dem Rope Wrench kann man unterschiedliche Klemmknoten verwenden. Am besten verwendet man ein biegsames Klemmknotenseil, das beim Aufstieg weder lose wird noch das Seil belastet. Ein hartes oder zu langes Klemmknotenseil kann sich lockern und reagiert dann im Fall eines Ausrutschens oder eines Sturzes nicht sofort. Empfohlen wird ein hitzebeständiges Material, das auch bei entsprechender Belastung seine guten Eigenschaften bewahrt.

Das passende Seil
Ein Seil mit größerem Durchmesser bietet hier viele Vorteile, es lässt sich gut greifen und macht sowohl das Footlocken als auch das Klettern in der Baumkrone leichter (Kevin experimentiert hier sogar mit Seilen bis 16 Millimeter Stärke). Der Nachteil eines solchen Seils liegt darin, dass viele andere Seilgeräte wie beispielsweise Steigklemmen nicht zu größeren Seildurchmessern passen. Mit einem dünneren Seil kommt man mittels Seilgerätschaften schneller voran, sie machen aber das Footlocken etwas schwieriger und sie lassen sich schlechter greifen.

Die Rope Wrench Schnur
Die Reepschnur, die am Rope Wrench befestigt ist, sollte so beschaffen sein, dass der Rope Wrench genügend Aktionsradius hat, ohne dem Klemmknoten im Weg zu sein. Ist die Reepschnur zu lang, könnte sie sich um das Seil wickeln. Der Kletterer muss diese Reepschnur also beim Aufstieg immer im Auge behalten und darauf achten, dass sie weder hängen bleibt noch im Klettersystem stört.

Die Rope Wrench-Schlinge lässt sich aus jeder robusten Reepschnur fertigen und wird an Klemmknoten-Rolle und Rope Wrench befestigt. Um mit dem Rope Wrench zu klettern, ist eine Klemmknoten-Rolle zwar nicht zwingend erforderlich, aber sehr empfehlenswert! Weder Rope Wrench noch Reepschnur dürfen als Sicherung genutzt werden, es empfiehlt sich aber, die Reepschnur entsprechend der üblichen Sicherheitsempfehlungen zu dimensionieren.

Klettern mit dem Rope Wrench
Kevin bezeichnet seinen Rope Wrench als „Ast für alle Fälle“ – als ein Werkzeug, das leicht in der Hand liegt und die Funktion eines Astes oder eines Kambiumschoners hinsichtlich der Reibung übernehmen kann. Der Rope Wrench wird ausschließlich in Kombination mit einem Klemmknoten verwendet. Er zwingt das Seil mittels Hebelwirkung in eine S-Form, wodurch sich das Abseilen durch die dosierbare Reibung leicht kontrollieren lässt – ähnlich einem Abseilachter. Wird er nicht gebraucht, stört er beim Aufstieg nicht weiter.

Aufstiegstechniken, mit denen man Auf- und Abseilen kann, sind nichts spektakulär Neues. Das Interessante am Rope Wrench ist, dass er auch für das Klettern im Baum nutzbar ist, man sich also unkompliziert vor und zurück bewegen, verlängern und verkürzen kann. Der Vorteil bei der Einseiltechnik: Jeder gezogene Seilmeter bringt auch einen ganzen Meter. Das hat natürlich aber auch Konsequenzen, die hier nicht verschwiegen werden sollen, denn es braucht durchaus Erfahrung und ein gerüttelt Maß an körperlicher Fitness, weil der Flaschenzugeffekt des umlaufenden Doppelseiles fehlt.

Im Prinzip ist der Rope Wrench ein Abseilgerät mit Leerlaufvariante beim Aufstieg oder Verkürzen. Wegen dieser „Leerlauf-Einstellung“ darf das Gerät laut Hersteller auch niemals ohne einen robusten und absolut zuverlässigen Klemmknoten benutzt werden.

Der Rope Wrench wurde als Gerät zur Reibungsunterstützung entwickelt. Er ist nicht als Seilklemme gedacht oder als Absturzsicherung. Er dient dazu, Hitze und Reibung zu mindern und dem Klemmknoten den Weg nach unten freizumachen. Er ist weder Verbindungselement noch Seilklemme! Vom Abseilen allein mit Klemmknoten ohne Rope Wrench wird dringend abgeraten. Die Funktion des Rope Wrench ist eng verbunden mit dem Klemmknoten, den ein Kletterer gewählt hat. Es ist allein der Klemmknoten, der den Kletterer sichert.

Anpassen des Rope Wrench
Der Abstand zwischen den zwei Reibungsbolzen am Rope Wrench muss dem Seildurchmesser angepasst werden. Er lässt sich über den inneren der beiden Bolzen verändern. Zur korrekten Einstellung des Abstandes der Reibungsbolzen zueinander werden zwei 13 Millimeter Schlüssel und eine Zange benötigt. Je mehr Spiel das Seil zwischen den Bolzen hat, desto geringer ist die Reibung am Gerät und desto mehr wird der Klemmknoten darunter belastet. Je enger der Abstand, desto höher ist die Reibung am Rope Wrench und desto geringer ist die Belastung auf den Klemmknoten oder das Klemmgerät.  Es wird empfohlen, den Rope Wrench so eng einzustellen, dass die Reibungsbolzen das Seil fast berühren. Allerdings weit genug, damit das Seil nicht eingeklemmt wird und so beim Aufseilen für unnötige Reibung sorgt.

Aufseilen mit dem Rope Wrench
Klettert man mit dem Rope Wrench, muss darauf geachtet werden, Schlaffseil beim Aufstieg zu vermeiden. Das gilt unabhängig für SRT wie SKT. Im Falle eines Sturzes können durch Schlaffseil sehr hohe Fangstoßwerte auftreten, was zu schweren Verletzungen führen kann. Um dieser Gefahr vorzubeugen, sollte sich der Klemmknoten nie unterhalb der Taille befinden.

Der Kletterer kann beim Aufstieg den Klemmknoten auf vielerlei Weise hochziehen. Mit der „Sitz-und-Steh-Methode“ kann Schlaffseil leicht vermieden werden. Mittels Verbindung zum Brustgurt oder ähnlichem Equipment kann  das Klettersystem beim Aufstehen nachgezogen und so automatisch über der Taille gehalten werden. Der Klemmknoten darf sich beim Aufstieg auf keinen Fall so weit lockern, dass er im Fall eines Sturzes nicht mehr greift.

Abseilen mit dem Rope Wrench
Ein gut geknüpfter Klemmknoten lässt sich nur schwer lösen, es sei denn, der Rope Wrench ist teilaktiviert. Vor dem Abseilen ist es wichtig, sich zu vergewissern, dass der Rope Wrench aktiviert ist. Auf keinen Fall darf der Rope Wrench dazu verwendet werden, den Klemmknoten zu aktivieren. Das Abseilen muss kontrolliert erfolgen. Der Klemmknoten muss genauso funktionieren wie in der SKT. Um anzuhalten, lässt man einfach los. Ein korrekt geknüpfter Klemmknoten blockiert zuverlässig.

Arbeitsplatz Positionierung
Bei der SRT ist das Seil an einem Ende festgemacht und bewegt sich nicht. Anders als beim Anseilpunkt in der SKT kann der Anseilpunkt in der SRT überall sein, ein  Baumstamm, ein Starkast oben in der Baumkrone oder ein feststehendes, weiter entferntes Objekt. Das Seil zwischen Anseilpunkt und Kletterer muss immer der Sichtkontrolle unterliegen. Keinerlei Schneidwerkzeug sollte in die Nähe des Sicherungssystems gelangen.

Es ist wichtig, die Kräfte zu analysieren, die auf die Umlenkungen vom Kletterer zum Anseilpunkt wirken. Jeder Kletterer muss sich der Gefahren bewusst sein, die damit einhergehen, wenn man eine neue Klettertechnik lernt und er sollte zunächst „trocken“ üben, also langsam und in Bodennähe, bevor er sich in größere Höhen begibt.

* Das Klettern mit dem Rope Wrench ist in Europa problematisch. Einerseits benötigt er keine Zertifizierung, da er nicht für die Sicherung des Kletterers zuständig ist, sondern nur für die Dosierung und Reibung und als Hilfsmittel dient, andererseits gibt es derzeit noch kein Klettersystem am Einfachseil, das mit einem kurzen Klemmknoten oder passenden Gerät wie dem LockJack oder SpiderJack nach einer EN-Norm zugelassen wäre. Somit gibt es keine zertifizierte Anwendung, an der man den Rope Wrench bedenkenlos einsetzen darf. Wie immer: Gehen täte es schon, aber erlaubt ist es nicht. Vielleicht findet sich ja ein Hersteller, der die Mühen der Zertifizierung des Klettersystems auf sich nimmt. (Anm. Red.)

Praxischeck von Manuel Schuster

Die Einfachseiltechnik (Single Rope Technique SRT) ist als Aufstiegstechnik bekannt und bei vielen Baumpflegern verbreitet. Bisher war es jedoch nur mit Geräten, wie dem I‘D oder dem RIG, möglich, nicht nur auf-, sondern ohne Umbau auch abzuseilen. Beide Geräte eignen sich in der Baumpflege nur in besonderen Situationen zum Bewegen im Baum. Deshalb kommt die Einfachseiltechnik bislang überwiegend nur als Aufstiegstechnik zur Anwendung. Der Rope Wrench „Singing Tree“ ermöglicht es, mit einem Klemmknoten gesichert, am Einfachseil im Treppenaufstieg aufzusteigen und sich ohne Systemumbau auch wieder abzuseilen. Nicht nur der Aufstieg mit sofortiger Selbstrettung, sondern auch das Bewegen in der Krone ist mit diesem System ohne Umstellung möglich. Durch den Rope Wrench ist der Einsatzbereich der Einfachseiltechnik beim Baumklettern deutlich angestiegen. Dynamische Bewegungen, Sprünge und effiziente Aufstiege werden auch am Einfachseil möglich. Natürlich hat jedes System nicht nur Vor-, sondern auch Nachteile. Insbesondere im oberen Kronenbereich, wo meist mit flacher Seilführung gearbeitet werden muss oder in besonders ausladenden Bäumen ist die Anwendung der Einfachseiltechnik schwierig. Vor allem bei der Positionierung hat die Doppelseiltechnik durch das Flaschenzugprinzip klare Vorteile. Die Verkürzung des Einfachseilsystems stellt sich entweder als sehr ungenau oder als sehr kraftaufwendig heraus. Der Rope Wrench ermöglicht einen effizienten Aufstieg in den Baum mit direkter Abseilmöglichkeit. Hinzu kommt, dass mit dem Rope Wrench auch ein Klettern in der gesamten Krone möglich ist. Dennoch hat die Doppelseilklettertechnik viele Vorteile, so dass sich Einfachseil- und Doppelseilklettertechnik mehr und mehr ergänzen und ein Repertoire an effektiven Techniken für den jeweiligen Einsatz schaffen.

 

Die Autoren: Rope Wrench – Britta Arnold (E-Mail) nach einem Bericht von Kevin Bingham M.A. Germanistik München und Boston, Redakteurin, Übersetzerin, Lektorin, Unternehmenskommunikation Praxischeck – Manuel Schuster (E-Mail) B.Sc. Arboristik, Eichhorn Baumpflege

 

Videos zum Rope Wrench

Wie alles begann: Der hölzerne Schraubschlüssel Einsatz mit LockJack

 

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