kletterblatt 2012
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seln, konnte er sich eben nur auf- oder ab-
wärts bewegen. Wann immer es möglich
war, kletterteernurmitKlemmknoten, aber
das war schwer zu handhaben, es strapa-
zierte dieKlemmknoten–und seineHände.
Das waren harte Tage und Wochen, aber
Kevin lernte eine Menge – unter anderem
entdeckte er, dass er sich bei allerMühemit
dem Klemmknoten auf ganz neue Weise,
anders als es ihm bislang mit der Doppel-
seiltechnikmöglichwar, in der Krone ganz
gut auch seitwärts bewegen konnte. Mit
nur einem einzigen Aufstieg und 60 Me-
tern Seil lenkteKevin sein Seil über einzel-
ne Äste um und arbeitete sich so durch
mehrere Baumkronen „am Stück“ – ohne
auf Abrieb in seinem System achten oder
sich darumkümmern zumüssen, zwei pa-
rallele Seilstränge sauber getrennt vonei-
nander zu halten wie beim umlaufenden
Doppelseil. Bei der umlaufenden Doppel-
seiltechnik können sich gegeneinander be-
wegende Seilstränge bekneifen und das
Klettern blockieren. Außerdem wusste er
auch zu jedem Zeitpunkt ganz genau, wie-
viel Seil ihm zur Verfügung steht.
Ungefähr die Hälfte des Auftrags war er-
ledigt, als Kevinmit seiner Ausrüstung he-
rumprobierte, die zu diesemZeitpunkt ge-
rade mal einen DMM Revolver Karabiner
und einen Achter umfasste. Er begann in
den Baum einzusteigen, wollte sich seit-
wärts und aufwärts bewegen, hängte den
Revolver Karabiner in eine Seilschlaufe
und zog sie durch den größeren der beiden
Achterringe: „Ichwusste sofort, dassmein
Leben nun sehr viel einfacher werdenwür-
de“ erinnert sich Kevin, „es war der Mo-
ment, in dem das Fate (F8) Revolver Sy-
stem geschaffen war, mit dem ich dann
noch vieleMonate arbeitete.“
Wirklich zufrieden mit dieser Lösung
war Kevin noch nicht. Zuhause in seiner
Werkstatt kam ihm dann der zündende
Gedanke beim Betrachten eines 13 mm
Ringschlüssels. „Ich sah den geknickten
Winkel und ich sah mögliche Reibung. An
diesem Tag musste ich noch eine Katze
vom Baum holen und beschloss, meinen
neuen „Seil-Schlüssel“, aus heutiger Sicht
denUr-Ahnen des RopeWrench, einzuset-
zen. Das Teil hat mich mehr als über-
rascht.“
Es gab nur ein kleines Problem: Die Za-
cken des Schlüssels ruinierten das Seil. Es
folgten zahlreicheModellversuche, mit je-
dem einzelnen kam Kevin seinem Ziel ein
Stück näher. Er wollte einGerät, das wenig
Hitze aufnimmt und in etwa die Reibung
bietet, die einKlemmknoten in der Doppel-
seiltechnik durch einen Ast erfährt. Es lag
nahe, dass er die nächsten Modelle aus
Holz anfertigte, das die Reibungseigen-
schaften eines lebenden Astes am besten
reproduzierte. Diese Holzmodelle waren
dann die ersten echten Vorgänger des heu-
tigen Rope Wrench, sie waren der „Ast für
alle Fälle“ – immer dabei, immer zur Hand
und ausgesprochen praktisch.
Bei der umlaufenden
Doppelseiltechnik
können sich
gegeneinander
bewegende
Seilstränge bekneifen
und das Klettern
blockieren.