Interview
kletterblatt
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Nur an einem Tag war es zwischen Schwarzwald und
Vogesen so richtig ungemütlich in diesem Winter
2007, der sich nicht entscheiden konnte, ob er Herbst
bleiben oder Frühling werden wollte. Aber genau an
diesem Tag hatte ich meine Verabredung mit Ronny
Epple, dem Europameister und Vizeweltmeister im
Baumklettern. Und jetzt, nach Mitternacht, im dicken
Schneetreiben mit Tempo 30 auf der A5 von Karlsru-
he Richtung Süden. Tom Waits ist da nicht mehr der
ideale Begleiter, wenn rechts die weiße Fahrbahn
ins Unendliche geht und links die LKWs vorbeimat-
schen, Sicht unter Null. Es hätte aber noch schlim-
mer kommen können, denn eigentlich wohnt Ronny
auf der Schwäbischen Alb. Zum Glück ist er ein klet-
ternder Baumpfleger, der von Garmisch bis Hannover
tätig ist. Nun eben in Bretten bei Karlsruhe. Kleinere
Bäume, zwei Personen. Nichts Spektakuläres, aber
mir ersparte es die Fahrt auf die Alb, die A5 war zu
dieser Jahreszeit trotz alledem die angenehmere Al-
ternative. Und Ronny, der hat es jetzt so richtig ge-
mütlich in seinem mobilen Wohnhaus.
Ronny, was treibt Dich nach oben:
die Leidenschaft des Kletterers oder
die Neigung des Baumpflegers?
Bezahlt werde ich in der Regel
nicht fürs Klettern, sondern für die
Arbeit, die ich in den Bäumen
leiste. Ich selbst nenne mich auch
nicht Kletterer, sondern Baum-
pfleger. Das Klettern ist, wenn ich
beruflich in den Baum gehe, mein
Arbeitsstil, quasi ein Teil meines
Handwerks. Es ist eine Arbeitsme-
thode, die schnell, effektiv und für
den Kunden auch kostengünstig
ist. Außerdem gibt es Fälle, in
denen man nur mit Seilklettertech-
nik in den Baum kommt.
Aber Europameister im Baumklet-
tern wird man nicht ohne Leiden-
schaft für das Klettern.
Dialog am Baum
Stefan Bilharz im Gespräch mit Ronny Epple
Europameister und Vize-Weltmeister im Baumklettern 2006
Ins Seil genommen