Kletterblatt 2017 - page 39

Grundlagen der sicheren Arbeit am
Seil definieren, dieVerwendung eines
einzigen Seils bei Baumarbeiten als
zulässige Ausnahme beschrieben.
Damit ist nicht nur die gemeinhin als
SKT bekannte Technik mit dem um-
laufenden Seil im Kambiumschoner
legitimiert, sondern auch die Über-
nahme der Industrieklettertechnik in
lediglich halbemUmfang. Unter Ein-
haltung dieser Regeln ist es theore-
tisch auch erlaubt, den Baum an
einem stehenden Einfachseil in der
gesamtenKrone zu beklettern und zu
bearbeiten. Weil aber durch den
2:1-Flaschenzug des umlaufenden
Doppelseils eine besser dosierbare
Bewegung nach außenund eine kraft-
sparendere Bewegung nach innen
möglichwar, hat sich das niewirklich
als Alternative durchgesetzt.
Das ständige Streben nach Verbesse-
rungen hat das Baumklettern in der
jüngeren Vergangenheit extrem
schnell vorangebracht. Es ist eine
Freude, zu sehen, mit welchem Pio-
niergeist Technik und Ausrüstung
permanent optimiert werden. Einige
Entwicklungen erweisen sich als
Sackgassen, aber das ist definitiv kein
Phänomen, das es nur beim Baum-
klettern gibt.
Steigklemmen
Zu Steigklemmen hört man oft die
Meinung, siewürdenwährendderBe-
nutzung das Seil beschädigen. Die
meisten Klemmen haben Backen mit
kegelförmigen Zähnen, welche sich
unter Last kleine Lücken imSeilman-
tel schaffen und so Halt gewähren.
Schiebt man die Klemmeweiter nach
oben, schließen sich diese Lücken
wieder. Die Fasern des Seiles werden
nicht beschädigt, sofern man die
Klemme bestimmungsgemäß ein-
setzt. Bestimmungsgemäß bedeutet
in diesem Fall statische Belastung
und die absolute Vermeidung von
Stürzen in das Seil. Richtig ist, dass
Steigklemmen ab einer Kraft von 4 -5
kNdenSeilmantel reißenkönnen.Mit
diesemWissen imHintergrund kann
man verstehen, warumversucht wur-
de, Ersatz für dieKlemmen zu finden.
Seit Jahrenwerden in den so genann-
ten Treppenaufstieg deswegen mit-
laufende Auffanggeräte integriert.
Die Gefahr der Mantelbeschädigung
am Seil ist damit zwar geringer, aber
für die zuverlässige Funktionmüssen
diese Geräte auf einem lastfreien,
hängenden Seil laufen und im Sturz-
fall mit dem vollen Kletterergewicht
belastet werden. Die erste Bedingung
wird durch die Benutzung von Fuß-
undKniesteigklemmenkomplett aus-
geschlossen und die zweite kann nur
erfüllt werden, wenn der Kletterer
beimSturz keinenGreifreflex hat und
sich am Seil festhält. Setzt man sich
bewusst in diese Geräte, können sie
durchaus blockieren, aber Siche-
rungsfunktionen sind nicht für Mo-
mente entwickelt worden, in denen
man überlegt und bewusst handelt.
Die Verwendung von Klemmknoten
am stehenden Seil ist seit dem Vor-
marsch der Steigklemmenaufstiege
etwas in den Hintergrund geraten.
Für die Absicherung der Footlock-
technik waren sie so einfach wie ge-
nial, wennman die Anzahl derWick-
lungen und die Kombination der be-
teiligten Seiltypen nicht grob miss-
achtet hat. Für Sicherungen über
Steigklemmen haben sie sich imVer-
gleich zu anderen Alternativen als
weniger zuverlässig erwiesen. Ein
einzelner Klemmknoten lässt auf
einem stehenden Seil keine gute Do-
sierung der Abseilgeschwindigkeit
zu. Darumkannman, ebenso wie mit
den Steigklemmen, auch am Knoten
nicht ohneUmbau auf- und absteigen.
Darin liegt ein weiterer wesentlicher
Grund, warum das Aufstiegssystem
lange Zeit nicht zum Arbeiten in der
Krone benutzt wurde. Der ständige
Umbauwürdeeinerseitsnerven, ande-
rerseits hätte man sich im Aufstiegs-
modus die Option für eine schnelle
Selbstrettung, beispielsweisebei einer
Schnittverletzung, verbaut.
Klemmknoten
Ob es nun folgerichtig ist oder zufällig
sei dahingestellt. Der Klemmknoten
kam jedenfalls zurück und zwar in ei-
ner Konfiguration, in der man ihn so
dosieren kann, wie man es vom um-
laufenden Seil gewohnt ist. Möglich
wurde das durch den neu entwi-
ckelten Rope Wrench, der einen Teil
der Reibung am Seil übernimmt. Im
Zeitalter sozialer Medien und einer
immer größerwerdendenund gut ver-
netztenBaumkletterszene verbreiten
sich Nachrichten von Neuerungen
schnell. Parallel und teilweise auch
vor dem Rope Wrench gab es bereits
andere Geräte, die einen ähnlichen
Ansatz bedienen, aber der Rope
Wrench hat zumindest hierzulande
die größte Aufmerksamkeit erfahren.
Sehr baldwurde deutlich, dass es sich
bei dem Rope Wrench nicht einfach
nur um ein neues Gerät handelt, das
man in bekannten Systemen gegen
ein anderes austauscht. Weil in der
Kombinationmit demKlemmkno-
Rich Hattier
SRT-Workshop 2015
bei Freeworker
Rich Hattier
im Interview
kletterblatt 2017
39
Technik
Klettern
Rich Hattier beim
SRT-Workshop
von Freeworker in
Gilching
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