Kletterblatt 2006 - page 86

und wurde am Bahnhof Zoo
von einem Chauffeur emp-
fangen – anscheinend steht
das einem Knoten-Fachmann
zu – und ab ging’s in das Auf-
nahmestudio, wo die 40 Kno-
ten an einer Wand aufgereiht
waren. Eine Wand mit 40
Knoten – wenn das kein Limit
ist. Diese Knoten fragte mich
Kai Pflaume ab und irgend-
wann war er zufrieden.
Dann ging’s zur Maske. An
meinem Gesicht kann man ja
sowieso nicht mehr viel retu-
schieren, dachte ich. Aber
der Puder und die Schmiere
brachten mich fast an mein
Limit. Danach ging’s um die
Klamotten. Schwarze Hose,
weißes Hemd und eine Kapi-
tänsjacke. Vermutlich benö-
tigt man, um kompetent in
Knoten zu sein, eine Kapi-
tänsjacke. Wäre mal interes-
sant zu überlegen, ob man
dieses Kleidungsstück auch in
der SKT-Baumpflege einfüh-
ren sollte. Da ich mit meinen
Jesuslatschen gekommen war
– ich besitze nur diese und ein
Paar ausgelatschte Treter,
aber die harmonieren an-
scheinend nicht mit einer Ka-
pitänsjacke – wurde ein Fah-
rer losgeschickt, um ein Paar
schwarze Halbschuhe zu kau-
fen. Die passten und mit die-
sen neuen schwarzen Schu-
hen war ich dann gestylt für
die Sendung.
Auf meinen Promi war ich
sehr gespannt. Ich dachte an,
na ja was man sich halt so
denkt bei Promis, die mit mir
ans Limit gehen
müssen. Dann kam
mein Promi: Katy
Karrenbauer, das
war mein Limit.
Aber jetzt gab es
kein Zurück. Ich sage
ja immer, Baumkletterer
sind stahlharte Typen. Und
am Limit sind wir eigentlich
immer. Der Sendungsablauf
wurde einmal geprobt und
dann ging es los. Die Zu-
schauer strömten ins Studio -
wer will nicht einen Star am
Limit sehen – Anweisung –
klatschen am Limit – klack –
die Sendung wird aufgezeich-
net. Wir, das heißt mein Promi
und ich, kamen zum Schluss
dran. Frau Karrenbauer be-
kam 4 Knoten. Einen durfte
sie falsch bezeichnen und
das hat sie auch gemacht.
Der Rest klappte und alle
klatschten. Für mich oder
Katy Karrenbauer. Ihre Show
geht weiter, meine war zu
Ende.
In der Garderobe wieder ab-
takeln und die Sachen abge-
ben. Man fragte mich, ob ich
die schwarzen Schuhe haben
möchte, aber ich lehnte dan-
kend ab. Ich hatte ja meine Je-
suslatschen. Die Mädels schüt-
telten nur den Kopf.
Abends gab es noch eine tolle
Party, dann mit Chauffeur ins
Hotel und am nächsten Tag
wieder nach Bremen. Etwas
Kohle gab es auch dafür und
unterm Strich hatte es viel
Spaß gemacht. Nicht am Limit,
aber hart an der Grenze.
D
selbstständiger
Baum­pfleger und
Baumkletterer in
Bremen. Er zählt
nebenbei zu den
besten Spleißern weltweit und wird
deshalb oft für Spezialaufträge im
Ausland herangezogen. Hauptsächlich
für die Takelage an Yachten. Für die
Firma freeworker entwickelt und fertigt
er Spleiße für die Baumkletterei. Seine
Hobbies: spleißen, spleißen, spleißen.
Der Autor
Andrés
Beisswingert
Thema
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