Bereit fürs Baum-Business? Zwischen Kund*innen, Kalkulation und Krone

Existenzgründung BaumpflegeDie Zertifikate der Schulungen liegen fein säuberlich auf dem Schreibtisch, die Kletterausrüstung ist gekauft und das erste eigene, kleine Unternehmen bereits gegründet. Das Gefühl, die Welt stünde einem offen, durchzieht das Büro. Es kann losgehen! Auf zum Kunden, rauf in den Baum und damit auch noch Geld verdienen – wundervoll. Unseren Beruf haben wir bereits mit einem Hang zum Idealismus gewählt, gepaart mit ein wenig Abenteuerlust. Wir wollen in luftige Höhen, wollen Bäume erhalten und damit vielleicht sogar retten und klar – wir wollen auch Geld verdienen. Und genau bei Letzterem steckt der Teufel sprichwörtlich im Detail.

Egal wie qualifiziert wir sind, egal mit wie viel Leidenschaft wir unseren Beruf machen, uns allen sitzen aussagekräftige Zahlen im Nacken. Außerdem kann nichts vernichtender sein als eine unzufriedene Kundschaft. Bei aller Passion dürfen wir nicht vergessen: Auch wir sind Dienstleister*innen, die mit Zahlen jonglieren müssen, Verantwortung tragen und neben einem gesunden Baum hauptsächlich von glücklichen Kund*innen leben. Wie stemmt man also gerade als Einsteiger*in das Abenteuer eigene Firma?

Bereit fürs Baum-Business: Keep smiling

Eines der wohl einfachsten und kostengünstigsten Mittel, um Kund*innen zufriedenzustellen, ist das eigene Auftreten. Der Erstkontakt ist entscheidend. Wer am Telefon kurz angebunden ist, einen Auftrag nicht bestätigt und wochenlang nicht zurückruft, hinterlässt bei seinen potenziellen Kund*innen einen schlechten Eindruck. Oftmals sind es die einfachen Dinge, die das Leben auf beiden Seiten leichter machen.

Bereit fürs Baum-Business: Besichtigung vor Ort
Vor einer Angebotsabgabe Baustelle/Baum vor Ort besichtigen. Das spart Ärger bei der Abrechnung.
  • Tipp 1: Richten Sie sich eine automatische E-Mail ein, die eine eingehende Anfrage sofort beantwortet. Schreiben Sie dazu, dass Sie sich in wenigen Tagen melden werden. Kund*innen haben Verständnis für eine gewisse Bearbeitungszeit und fühlen sich so nicht vergessen.
     
  • Tipp 2: Der erste Eindruck zählt. Nehmen Sie sich auch am Telefon Zeit für Kund*innen, seien Sie freundlich, merken Sie sich deren Namen. Notieren Sie sich wesentliche Dinge zum Auftrag in einem Notizbuch. So können Sie immer auf die Infos der Kundschaft zurückgreifen, auch noch Tage später. Das zeugt von Professionalität.
     
  • Tipp 3: Fotos sind zwar immer nützlich, um eine Situation vorab zu sichten. Sie ersetzen aber keinen Vor-Ort-Termin. Nehmen Sie sich die Zeit und schauen Sie sich die Baustelle vorher an. Wir berechnen für diese Termine nichts, sie sind aber unabdingbar, um böse Überraschungen und Fehlkalkulationen zu vermeiden.
     
  • Tipp 4: Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen und vereinbaren Sie Termine sinnvoll. Jeden Tag eine Besichtigung einzuschieben oder doch noch zwei Baustellen mehr einzuplanen, ist langfristig nicht sinnvoll und geht zu Lasten Ihrer Gesundheit. Planen Sie Routen und sammeln Sie Termine für die verschiedenen Bezirke/Landkreise/Orte.

Einen Auftrag kalkulieren

Wir sehen nun, der Aufwand für eine Baustelle ist also nicht mit den reinen Pflege- und Schnittmaßnahmen erledigt. Das sollte auch in Ihre Kostenkalkulation einfließen. Oftmals kommen junge Kolleg*innen auf mich zu und fragen mich, wie viel sie für eine Baustelle nehmen dürfen. Das lässt sich pauschal nicht sagen. Jede*r Unternehmer*in hat eigene, individuelle Kosten, die er*sie berücksichtigen muss. Was muss in eine Kalkulation also einfließen, damit ein Auftrag rentabel ist?

  • Baumkletter*in: Seien Sie nicht zu günstig. Es ist ein gefährlicher Job, der dementsprechend honoriert werden muss. Sehen Kund*innen das anders, ist es womöglich nicht Ihr Klientel.
  • Bodenpersonal: Die Helfer*innen leisten ebenfalls eine wichtige Arbeit. Seien Sie auch hier realistisch. Es muss für Sie und für Ihre*n Helfer*in noch etwas übrigbleiben. Keiner arbeitet „umsonst“.
  • Materialkosten: Rechnen Sie eine Pauschale für Ihre Arbeitskleidung und Schutzausrüstung ein. Bei jedem Auftrag nutzt sich diese ab und in der Regel trägt die Kosten hierfür Ihr Unternehmen.
  • Öl & Sprit: Ihre Maschinen brauchen Öl und Sprit ebenso wie Ihre Fahrzeuge. Kalkulieren Sie das in Ihrem Angebot ein.
  • Werkzeuge: Jetzt ist vielleicht noch alles neu, aber Sägen und andere Werkzeuge nutzen sich ab. Ich rechne hierfür einen kleinen Betrag mit ein. Schließlich trägt auch diese Kosten das Unternehmen.
  • Sonstiges: Es hat 30 Grad, Sie und Ihre Kolleg*innen arbeiten seit dem Vormittag auf dem Grundstück der Kundschaft. Unter diesem Punkt plane ich Kosten für Verpflegung ein: Getränke, ein Brot zwischendurch oder einfach mitgenommenes Obst. Das ist nicht nur eine Wertschätzung den Mitarbeiter*innen gegenüber, sondern in unserem Alltag dringend notwendig.
  • Tipp 1: Setzen Sie sich bei Unternehmensgründung mit Ihrem*Ihrer Steuerberater*in zusammen. Sie können Ihnen helfen, Ihre Arbeit richtig zu kalkulieren.
     
  • Tipp 2: Nennen Sie keinen Preis am Telefon. Die Lage kann von Kund*innenseite oftmals nicht eingeschätzt werden – sei es die Höhe der Bäume oder die zu leistende Arbeit. Seien Sie vorsichtig mit Angaben, ohne den Baum und das Umfeld zu kennen.

Geiz ist nicht geil

Bereit fürs Baum-Business: Baumkletterer bei der Arbeit
Baumklettern darf und soll in der Abrechnung honoriert werden.

Jede*r hatte sicherlich schon einmal mit einer Kundschaft zu tun, die den Preis drücken wollte. Häufige Argumente sind: „Die andere Firma hätte es aber für die Hälfte gemacht.“ Oder „Ich kenn da noch jemanden, dann frag ich da.“ Ich kann nur sagen: Dann soll diese Kundschaft das machen. Lassen Sie sich nicht von der vermeintlichen Konkurrenz irritieren. Egal wie sehr wir unseren Job lieben, leben müssen wir davon alle. Und unsere Preise sind gerechtfertigt. Ich bleibe in solchen Fällen freundlich und sage der Kundschaft, dass diese sich dann gerne an die (vermeintlichen) Kolleg*innen wenden kann. Meist rudern sie zurück und es stellt sich heraus, dass es doch nur ein Verhandlungsversuch war. Wir machen eine essenzielle und nicht ungefährliche Arbeit, für die wir uns nicht verstecken müssen. Seien Sie ruhig selbstbewusst.
 

  • Tipp 1: Ich räume meinen Kund*innen gerne ein Skonto von zwei bis drei Prozent ein, wenn sie innerhalb einer Woche zahlen. Die Kundschaft ist motiviert, das Skonto mitzunehmen und wir erhalten zügig unser Geld.
     
  • Tipp 2: Bleiben Sie bei sich! Wenn die potenzielle Kundschaft versucht, Sie zu drücken, erklären Sie ruhig Ihre Arbeit. Sie haben sich dafür fortgebildet und gehen manchmal ein großes Risiko ein. Außerdem müssen auch Ihre Rechnungen bezahlt werden – ein Preisdumping nützt uns allen nichts.
Bereit fürs Baum-Business: Arbeit dokumentieren
Lucia Silvanus dokumentiert ihre Arbeit genau – vorher und nachher.

Ordnung ist das halbe Leben

Obwohl wir alle lieber in, am und unter Bäumen arbeiten, können wir uns doch vor einer Sache nicht drücken: Bürokratie und Büro. Planen Sie einen ganzen Arbeitstag für Ihre Büroarbeit ein. Rechnen Sie regelmäßig Ihre abgeschlossenen Projekte ab, ordnen Sie zeitnah Ihre Steuerunterlagen, gehen Sie regelmäßig Ihre E-Mails durch und beantworten Sie diese.

Das hört sich selbstverständlich an, oftmals fehlt aber die Zeit und manchmal auch der Antrieb, sich regelmäßig diesen Dingen zu widmen. Als Unternehmerin kann ich Ihnen nur sagen: Es ist lästig, aber notwendig. Ich kann Ihnen aber auch sagen: Wer die Dinge geordnet angeht und regelmäßig seine Pflichten erledigt, hat den Kopf frei für die für uns wesentlichen Dinge – Bäume pflegen und erhalten!


Die Autorin: Lucia Silvanus (E-Mail)


Dieser Beitrag ist zuerst im Kletterblatt 2022 erschienen.

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